Ein Bär unter Wikingern. Angetrieben von O-Liner Roman Seybold fährt der Manager der "Flodorf-Bears", des vermutlich besten Fantasy-Football-Teams Transdanubiens, die Welle ab.

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Talib Wise spielte im Finale groß auf, beging aber auch einen entscheidenden Fehler.

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Am Ende jubelten die Vikings. Im Bild Wide Receiver und Returner Laurinho Walch.

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Friede, Freude, MVP-Titel. Vikings-Quarterback Christoph Gross wurde in der Halbzeit und am Ende des Spiels ausgezeichnet.

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Junges Tirol. Raiders-Runningback Andreas Hofbauer ist der Youngstar 2012.

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Es sah nach Regen aus, es blieb aber trocken. Die Hohe Warte war wohl, trotz der beeindruckenden Kulisse, zum letzten Mal Austragungsort einer Austrianbowl.

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In Graz sind Samstagnacht die Lichter gedimmt worden. Die JCL Giants sind nach der Austrian Bowl Nummer 28 nur mehr Zweiter in der Gesamtstatistik nach Erfolgen. Zum elften Mal gewannen die Raiffeisen Vikings ein Endspiel und damit ein Mal mehr als ihr erster Verfolger aus der Steiermark, mit dem sie sich zwischenzeitlich den Titel „Rekordmeister" teilen mussten.

Die Grazer sahen das Spiel aus nächster Nähe, denn fast schon traditionell räumten sie bei den Saison-Awards ab. In der Halbzeit wurde nicht nur Nick Johansen als Trainer des Jahres geehrt, auch Alex Gross bekam seine Trophäe für den besten Defense Spieler und für den wertvollsten Spieler der abgelaufenen Saison. Damit folgte Johansen seinem Vorgänger im Amt Rick Rhoades und Gross seinem Quarterback Chris Gunn nach, dem Liga MVP der Jahre 2010 und 2011. Kaufen kann man sich dafür natürlich wenig, den letzten tatsächlichen Titel holten die Giants im Jahr 2008. Weder Gunn noch Gross werden, so sieht es zumindest derzeit aus, 2013 an die Mur zurückkehren. Johansen eher schon.

Alles Gross

Die beiden Finalisten mussten sich mit je einem Award zufrieden geben. Raiders Runningback Andreas Hofbauer ist der Youngstar, Vikings Quarterback Christoph Gross der wertvollste Offensivspieler 2012. Gross ist der erste Quarterback aus Österreich in der Geschichte der Bundesliga, der alle Passing Statistiken (und das dazu noch klar) anführt. Dass der heute 24-jährige Burgenländer eines Tages vor fünf US-Amerikanern zu finden sein würde, daran glaubten bei seiner Inthronisierung vor vier Saisonen nur wenige.

Gross, logischer Weise auch die Nummer eins im Nationalteam auf seiner Position, stand trotz seiner Jugend in Vergangenheit eigentlich dauernd in der Kritik, die er, wie es seine Art ist, ebenso stoisch zur Kenntnis nahm und wegsteckte, wie ihm heute das Überschütten mit Lob beinahe körperliches Unbehagen bereitet. Er weiß um sein Breakout-Jahr, aber auch, dass die heutigen Hymnen schnell wieder zu einem Abgesang werden können. Dass die Vikings (mit der Defense) nur einen US-Amerikaner als Quarterback brauchen würden, um wieder eine Bowl zu holen, das hörte man in den letzten Jahren andauernd. Zwei Mal bereits, ein Mal mit viel Glück (2009), aber heuer mit Recht, widersprach Gross dieser These.

Die Steirer wurden aber nicht nur mit Glastrophäen für ihre Reise über den Wechsel belohnt, sie bekamen auch noch ein attraktives Finale zu sehen.

Wise (fast) makellos

Die für den Abend angekündigten schweren Unwetter im Osten des Landes zogen genau über der Hohen Warte eine Grenze und so blieb es während des Spiels trocken. Feuchte Augen durfte man aber bekommen. Talib Wise, Dusty Thornhill, zwei Youngsters in der Vikings Defense und die beiden Quarterbacks Callahan und Gross lieferten den knapp 5.000 Besuchern Döbling eine Spiel, welches man so schnell nicht vergessen wird.

Wise erzielte für die Raiders 248 Offensive Yards und vier Touchdowns. Der Titel des MVPs wäre ihm sicher gewesen, hätten die Tiroler die Partie gewonnen. Es bestand sogar die Möglichkeit, dass erstmals der wertvollste Spieler eines Finales vom unterlegenen Team kommt, wäre dem nicht auch ein entscheidender Fehler unterlaufen. Die Raiders waren beim Spielstand von 21:26 an der Vikings 15 am Weg zur Führung, als Wise den Ball verlor und Stefan Ruthofer das Ei in die Endzone der Tiroler retournierte. Statt einer knappen Führung für die Raiders, war es plötzlich wieder ein 2-Score Game für die Vikings.

Ruthofer (mein persönlicher MVP des Spiels mit sieben Solo Tackles, zwei aufgenommenen Fumbles für 122 Yards und einem TD), schlug danach nochmal zu, als er eine Option von Callahan in den Rücken von Wise geworfen eroberte und so eine weitere gute Möglichkeit der Raiders zu scoren zunichte machte. Und da die Defense bekanntlich Championships gewinnt, returnierte Benjamin Bubik, zum krönenden Abschluss für die Wiener, noch eine Interception zum Pick Six. Genau diese defensiven Punkte fehlten den Raiders am Ende auch, die ein 19- und ein 21-Jähriger in ihrer jeweils ersten Austrian Bowl erzielen konnten.

Damit erzielten die Gewinner der beiden Halbfinali und des Finales 2012 jeweils exakt 48 Punkte. Vikings Headcoach Chris Calaycay nach dem Spiel: „Unser Ziel waren 48 Punkte, schauen Sie aufs Scoreboard." Keine Ahnung, ob Calaycay das ernst gemeint hat.

Zum wertvollsten Spieler der Austrian Bowl wurde eben wieder Gross gekürt. Ohne ihm den Titel madig machen zu wollen (er ist vertretbar), hätte ich, wie erwähnt, einem Ruthofer einen höheren Mehrwert, zumindest in dem Spiel, zugestanden. Auch Gross bedankte sich bei seiner Defense, denn er weiß genau, wer den Sieg am Ende der Nacht einfuhr. Er tat allerdings das, was er die ganze Saison schon machte und man daher von ihm erwarten durfte: Big Plays, Touchdowns und wenig Fehler.

Ohne Strom flucht die Karibik

Dass der Verband AFBÖ nur ein Mal im Jahr einen Event veranstaltet, das war nach 2011 (zu wenig offene Kassen im Prater) auch 2012 wieder spürbar. Nur dieses Mal saß ich mitten drinnen im Boot und ruderte selber mit. Ein Stromausfall im zweiten Viertel brachte den Stadionsprecher bis zur Halbzeit zum Verstummen und stellte die Akkuleistungen auf der Pressetribüne auf die Probe. Kein „big fail" war der schon mehrmals in Posting gelesene Vorwurf, dass den Raiders kein Unit-Einlauf gestattet gewesen wäre.

Die Tiroler laufen stets als Team ein und das änderten sie auch nicht beim Finale. Das war ihr Wunsch und es steht jedem Teilnehmer frei, ob er als Team einlaufen, oder eine seiner Units vorstellen will. Dass der Abschlussböller am Ende des Einlaufs folgt, ergibt sich aus seinem Namen und die Vikings, als nominelles Heimteam (welches sie in jedem Stadion auf Basis des Seedings gewesen wären), liefen nach den Raiders ein. Mühsam, daraus eine weitere Verschwörung in Angriff zu nehmen.

Richtig ist, dass nicht die übliche Touchdown-Musik der Raiders gespielt wurde, sondern ein Thema aus Fluch der Karibik (!?), welches alternativ (von den Raiders) ausgesucht wurde. Wie gibt es das? Der DJ kümmerte sich im Vorfeld nicht darum, die Raiders auch nicht. Jeder ging davon aus, dass der andere das schon bringen wird. Hier sehe ich, wenn sie auch die Raiders mitschuldig erklärten, eher eine Holschuld des Veranstalters, als eine Bringschuld des Klubs. Unprofessionell? Natürlich. Das darf nicht passieren.

In jedem Fall wird es wohl die letzte Austrian Bowl in Döbling gewesen sein, denn die Hohe Warte stand am Ende einer langen Reise. Ursprünglich war das Spiel für das Ernst Happel-Stadion vorgesehen (Madonna-Konzert) und das wird auch wieder eine große Rolle bei den Überlegungen für 2013 spielen. Die neue Arena in NÖ (auch die hatte man im Auge) bleibt dem Football verschlossen und steht ausschließlich dem Fußball zur Verfügung. Ein Endspiel am Tivoli, wie heuer geplant und dann verschoben, ist ebenso möglich. Allerdings nur dann, wenn der Verband bereit ist, das gesamte finanzielle Risiko zu übernehmen. Private Veranstalter und auch die Raiders selbst nahmen bislang davon nämlich Abstand. Das sollte man bei der Debatte um die Finalverlegung berücksichtigen, denn diese haben nicht die Vikings angestrebt (wenn natürlich auch begrüßt), sondern „der böse Mann mit dem Taschenrechner". (Walter Reiterer, derStandard.at, 3.8.2012)

CHEVROLET AUSTRIAN BOWL XXVIII
Raiffeisen Vikings Vienna vs. Swarco Raiders Tirol 48:34
(12:14/14:0/14:14/8:6)

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