Karachi - Nach der Aussetzung einer Polio-Impfkampagne der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind in der pakistanischen Hafenstadt Karachi etwa 22.000 Kinder von Kinderlähmung bedroht. Wie ein ranghoher WHO-Mitarbeiter am Donnerstag mitteilte, war die Kampagne in Karachi erfolgreich, bis Ende Juli ein UN-Arzt aus Ghana und sein pakistanischer Fahrer im Vorort Gadap angeschossen sowie ein örtlicher Mitarbeiter der Impf-Teams erschossen wurde. Die in der Bevölkerung umstrittene Kampagne wurde daraufhin gestoppt, um die Sicherheit der Mitarbeiter nicht zu gefährden.

Der WHO-Mitarbeiter Elias Durry sagte, ursprünglich sollten in Karachi 2,2 Millionen Kinder geimpft werden. Doch im Vorort Gadap seien 22.000 Kinder ohne Impfung geblieben, und es sei nicht sicher, ob die Impfkampagne dort im September wieder aufgenommen werde. Nach Angaben von Maryam Yunus, WHO-Sprecherin in Pakistan, bleiben die Aktivitäten bis zu einem gegenteiligen Bescheid der Polizei ausgesetzt.

Impfungen boykottiert

Die Taliban boykottieren die Impfungen aus Protest gegen US-Drohnenangriffe und weil sie dahinter Spionage vermuten. Den USA war es vor mehr als einem Jahr mit Hilfe eines pakistanischen Arztes gelungen, unter dem Vorwand einer kostenlosen Impfkampagne an DNA-Material von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden zu kommen und so seinen Aufenthaltsort in Pakistan aufzuspüren. Im Mai 2011 tötete eine US-Spezialeinheit Bin Laden in seinem Haus in der pakistanischen Stadt Abbottabad.

In den nordwestlichen Grenzgebieten zu Afghanistan sind nach Angaben der Gesundheitsbehörden weitere 240.000 Kinder von Kinderlähmung bedroht. Auch hier boykottieren die Taliban die Impfungen. Die Angriffe der USA mit unbemannten Drohnen zielen auf die Taliban und militante Gruppen in der unwegsamen Grenzregion. Die Angriffe, bei denen auch immer wieder unbeteiligte Zivilisten ums Leben kommen, sorgen bei der pakistanischen Bevölkerung für Wut und Empörung. (APA, 3.8.2012)