Im Jahr 1982, das ist den heute schon Dreißigjährigen extra dazuzusagen, gab es noch den Eisernen Vorhang, Ost und West befetzten einander auch - oder gerade - im Sport.

Zwei Jahre zuvor fanden die Afghanistan-bedingten Boykott-Spiele in Moskau statt, zwei Jahre danach die olympische Retourkutsche in Los Angeles. Und genau dazwischen, 1982 eben, wurde Heinz Jungwirth, ein promovierter Sport- und Geschichtelehrer, der auch an der Uni las, Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Comités, des ÖOC.

Am gestrigen Dienstag ging die Ära Jungwirth, die schon 2009 ins Gerede und in weiterer Folge ins Schwimmen gekommen war, sehr unrühmlich zu Ende. Österreichs präsentester und mächtigster Sportfunktionär fasste am Wiener Straflandesgericht wegen Untreue erstinstanzlich fünf Jahre unbedingt aus und erbat sich zum Richterspruch Bedenkzeit.

Jungwirths Start in die olympische Funktionärslaufbahn fiel in jene Zeit, in welcher der Spanier Juan Antonio Samaranch als alleroberster Olympier den Sport zum Geldscheißer umfunktionierte. Die einstige feste Burg der Amateure - zehn Jahre vor Jungwirths Bestellung wurde Karl Schranz wegen geringfügigen Profitums schmählich aus dem japanischen Sapporo hinausgeworfen - wurde auch mit österreichischer Hilfe in den verführerischen Geldregen gestellt. Das ÖOC war eines der ersten nationalen Komitees, das Samaranchs Kurs - Esel streck dich! - mitmachte.

Unter dem roten ÖOC-Präsidenten Kurt Heller, dem der 1951 geborene Jungwirth bis 1990 diente. Danach wurde Leo Wallner, Casinos-Chef (sic!) , sein Präsident.

Gemeinsam gerieten die beiden auch in die Bredouille. Wallner belastete vor Gericht Jungwirth, der 26 Jahre lang die Geschäfte des österreichischen Olympiasports führte. Offenbar auch zu den eigenen Gunsten.

Jungwirth, Vater zweier erwachsener Kinder und Eigner eines sehr ansehnlichen Reitstalls in der Nähe von Hollabrunn, scheint jedenfalls einen recht üppigen way of life praktiziert zu haben. "Wenn man sich den Lebenswandel von Doktor Jungwirth ansieht, kann man sich vorstellen, wo die Beträge gelandet sind", meinte der Schöffensenat im Urteil.

3,3 Millionen seien verschwunden. Der Richter nannte die Vorgangsweise bei diesem Verschwinden "besonders frech", ja "infam". Es steht zu befürchten, dass Jungwirth diesbezüglich nur ein primus inter pares ist. Österreichs Sport harrt immer noch der peniblen Durchleuchtung. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, 1.8.2012)