Wir wollen den höchsten Berg Österreichs auf der Route der Erstbesteiger von 1800 erklimmen: Vom Glocknerhaus über die Salmhütte hinauf zur Adlersruhe - und dann auf den Gipfel. Ort der ersten Nachtruhe ist die Salmhütte (2.644 Meter). Da der Wetterbericht für den nächsten Tag gutes Wetter bis Mittag, danach aber heftige Gewitter vorhergesagt hat, treten wir gegen 3.30 Uhr in der Früh den Weg Richtung Gipfel an.

Foto: Thomas Rottenberg

Heute ist der Weg hinauf gut erschlossen, aber trotzdem anspruchsvoll. Im Jahr 1800 war von Fixseilen, Klettersteigen und Eisentreppen natürlich noch keine Rede.

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Während wir Richtung Adlersruhe steigen, kitzeln die ersten Sonnenstrahlen die Alpenkämme wach.

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4.30 Uhr morgens: Der erste Blick auf den Gipfel. Auf der Kuppe davor: Die Erzherzog-Johann-Hütte ("Adlersruhe"). Sie liegt auf 3.454 Metern Seehöhe und ist damit Österreichs höchstgelegene Schutzhütte.

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Der Sonnenaufgang über dem Gletscher lässt auch die letzten Gedanken an Müdigkeit vergessen.

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Nach dem Anlegen der Steigeisen folgt ein "gemütlicher" Morgenspaziergang quer über den Gletscher.

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Dann geht es den Grat entlang zur Erzherzog-Johann-Hütte. Veranschlagte Ankunftszeit: 7 Uhr.

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Die Sonne steigt schnell über den Alpenhauptkamm. Und obwohl wir noch weit von unserem Ziel entfernt sind, sind wir schön höher als die meisten anderen Berggipfel in Blickweite.

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Kurz danach auf der "Adlersruhe" lassen wir alles Gepäck zurück, das wir am Weg auf den Gipfel dann sicher nicht brauchen werden. Pickel, Helm, Handschuhe, Goretexjacke und Steigeisen sind aber das absolute Pflicht- und Minimalprogramm. Und im Rucksack sollten noch ein Daunenanorak und richtig warme Handschuhe sein.

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Das "Leitl" ist eine der drei Schlüsselstellen am Weg auf den Gipfel. Der 40 Grad steile Hang meint es aber gut mit uns: Der Schnee ist angenehm weich und mit Steigeisen gut und fast schon bequem zu durchstapfen. Wir freuen uns: Das Leitl kann auch ganz anders. Dann ist der Hang hier pickelhart gefroren - und zwar so, dass man auch mit Steigeisen und Pickel richtig hart arbeiten muss, um weiterzukommen.

Foto: Thomas Rottenberg

Der Ausblick ist gigantisch. Mittlerweile ist es ungefähr 9 Uhr. Da der Großglockner auch Teil-Kärntner ist und sich Jörg Haider hier oben einst per Plakette verewigen ließ, war die Politik natürlich auch Thema. Aber nur, bis ein Tour-Mitglied aus Kärnten um Gnade bat: "Hier oben ist es doch viel zu schön, um über die Verbrecher da unten zu reden. Das tut einfach nur weh - und das muss doch nicht sein." Irgendwie hatte der gute Mann schon auch recht.

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Der Ausstieg aus dem Leitl ist an diesem Tag wie ein Spaziergang. Danach muss man nur noch ein klein wenig klettern ...

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... und steht schon fast am "Kleinglockner" - mit 3.770 Metern Österreichs dritthöchster Berg. Selbst bei perfekten Bedingungen tut es gut, sich auf einen Bergführer wie Markus Hirnböck (Bild) verlassen zu können: Wie oft er schon hier oben war, weiß er selbst nicht genau: "Aber man muss sich immer so konzentrieren und so viel Respekt vor dem Berg haben, als wäre es das erste Mal - das gilt nicht nur am Glockner."

Foto: Thomas Rottenberg

Der Gipfel ist schon in Blickweite. Aber bevor wir ihn erreichen, gilt es noch, zwei klassische Angstpassagen zu bewältigen. Denn zwischen dem Groß- und dem Kleinglockner muss man über zwei Grate balancieren. Sonst bekäme man ja eventuell gar nicht mit, dass man da auf zwei Bergen ist.

Foto: Thomas Rottenberg

Über einen knapp 30 Zentimeter schmalen Schneegrat balancieren wir zum Gipfel des Kleinglockners. Links und rechts geht es ein paar hundert Meter hinunter.

Foto: Thomas Rottenberg

Danach klettern wir über den nächsten Steinbrocken - und stehen an der Glocknerscharte: Der zweite Ritt über einen schmalen und windausgesetzten Schwebebalken in mehr als 3.700 Metern Seehöhe.

Foto: Thomas Rottenberg

Bei diesen Traumbedingungen sind diese Passagen - vergleichsweise - ein Kindergeburtstag. Wieso so viele Bergsteiger noch lange von der Überwindung reden, die es braucht, die Glocknerscharte und die Pallavicinirinne zu überqueren, ist bei diesem Wetter schwer nachvollziehbar. Doch nur zwei Tage nachdem wir hier waren, verunglückte an genau dieser Stelle ein anderer Bergsteiger tödlich.

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Geschafft! Um 10 Uhr vormittags stehen wir am Gipfel. Weiter hinauf geht es in diesem Land nicht. 3.798 Meter über dem Meer. Der Ausblick ist umwerfend, weil der Himmel (noch) de facto wolkenleer ist.

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Für Großglocknerverhältnisse ist an diesem Tag rein gar nichts los. Sonst ist der Gipfel meist stark bevölkert. Die nervigen Wartezeiten an den Schlüsselstellen sind mittlerweile legendär. Wieso wir bei diesem Wetter praktisch alleine sind, können nicht einmal unsere Bergführer erklären.

Foto: Thomas Rottenberg

Ein Blick Richtung dorthin, wo wir hergekommen sind: Dort, wo die Straße sich um den Hang schlängelt, liegt das Glocknerhaus. Vor 150 Jahren reichte die Pasterze, der Gletscher, noch fast bis dorthin.

Foto: Thomas Rottenberg

Doch der Berg kann auch anders: Zu Mittag sind wir zurück auf der Adlersruhe - und das angekündigte Gewitter bricht pünktlich los. Mit Hagel und Sturm. Dennoch sind draußen Seilschaften unterwegs. Wir haben Zeit und bleiben in der Hütte. Erst am Sonntagmorgen beginnen wir mit dem Abstieg - und sehen da noch einmal, wie viel Glück wir Tags zuvor mit dem Wetter hatten.

Foto: Thomas Rottenberg

Was beim Abstieg noch zum Nachdenken anregt: Dort, wo über Jahrmillionen hinweg die Gletscher den Berg abgeschliffen haben, wandert man heute über Schotter- und Geröllhalden. (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 2.8.2012)

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