Wien - "Der Auftrag ist schon an den Baumeister weitergeleitet. Es kann sich nur mehr um ein paar Tage handeln." Sie bleiben ruhig und freundlich. Das ist ihr Job. Nur manchmal wird die Stimme ein wenig lauter - wenn die Person am anderen Ende der Leitung nicht mehr gut hört.

1,5 Millionen Telefonate im Jahr

"Der Bürger dieser Stadt ist ein ungeduldiger. Aber wir haben ihn trotzdem gern", muss der Leitsatz von Andrea Drexler lauten: Sie hat mit dem Unternehmen Vienna Communications ein Callcenter für Wiener Wohnen entwickelt, in dem alle Anrufe rund um die 120.000 Gemeindewohnungen abgewickelt werden sollen. Das sind rund 1,5 Millionen Telefonate im Jahr. Jetzt startet der flächendeckende Vollbetrieb für Wien.

Mehr Auskunft

Schon im Probebetrieb mussten die zehn bis 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr drauf haben, als nur Telefonate anzunehmen. Das meiste soll gleich hier, im Bürohaus gegenüber der Gasometer, erledigt werden: von der Auskunft, welche Voraussetzungen und Unterlagen man für einen Vormerkschein braucht, über den Reparaturauftrag für eine kaputte Waschmaschine bis hin zu Gerichtsangelegenheiten.

Ein ausgeklügeltes Computerprogramm unterstützt die Telefonistinnen und Telefonisten - gebündelte Informationen am Bildschirm, bei denen man sich mehr und mehr in Details hineinklicken kann. Häufige Probleme werden extra angeführt - "Achtung! Dokumente im Original mitbringen" zum Beispiel.

"Oba des Formular wirklich z'ruckschicken. Net afoch wegschmeißen." Die Mitarbeiter sollen sich der Sprache der Kunden anpassen.

24 Stunden Erledigungsfrist

Gleichzeitig wird aber auch automatisch darüber gewacht, dass Anfragen und Aufträge nicht zu lange liegen bleiben. 24 Stunden ist die Grenze, nach der eine Angelegenheit auf "rot" geschaltet wird. "Die Mitarbeiter werden automatisch darauf aufmerksam gemacht, wenn jemand schon fünfmal anruft und das Problem immer noch nicht behoben ist", erläutert Drexler.

Binnen 20 Sekunden müssen 80 Prozent der Anrufe angenommen sein

Anhand der Computeranalysen variiert auch der Personalstand in diesem Unternehmen: Vor allem Montagvormittag ist Telefonierzeit. Binnen 20 Sekunden müssen 80 Prozent der Anrufe angenommen sein. Und es dürfen nicht mehr als zehn Prozent der Anrufer unverrichteter Dinge wieder auflegen.

Das wichtigste Ziel lautet: "Die Menschen sollten gar nicht merken, dass sie mit einem Callcenter kommunizieren." Der eher mäßige Ruf derartiger Institutionen ist Drexler bewusst: "Wenn man das ernst nimmt, ist das einer der anstrengendsten Jobs überhaupt. Und diejenigen, die hier arbeiten, sind von ihrem Wissen her Sachbearbeiter."

Qualitätskontrolle

Die, die hier telefonieren, sind in Gruppen unterteilt - und gelegentlich hört ein "Teamleader" bei den Gesprächen mit, gibt Tipps, analysiert, wo ein Gespräch entglitten ist. "Ohne Qualitätskontrolle ist ein Callcenter nach einem Monat am Ende."

Für Wohnbaustadtrat Werner Faymann (SP) bringt das neue Callcenter mehrere Vorteile: "Die Mitarbeiter von Wiener Wohnen sind für andere Aufgaben entlastet. Allgemeine Anfragen - rund 75 Prozent der Anrufe - werden hier erledigt." Außerdem sei die Servicenummer länger erreichbar: sieben Tage die Woche von 7 bis 19 Uhr. (Roman Freihsl, DER STANDARD Printausgabe 27.6.2003)