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Für Schwangere soll es künftig möglich sein, die DNA ihres Kindes mit einer Blutprobe untersuchen zu lassen - ganz ohne mitunter riskante Fruchtwasser-Untersuchung.

Foto: REUTERS/Shannon Stapleton

Bern/Berlin/Wien - Behindertenverbände protestieren seit Monaten, im August soll es nun so weit sein: Ein umstrittener Bluttest für Schwangere soll in Deutschland, der Schweiz und Österreich auf den Markt kommen, mit dem festgestellt werden kann, ob ein Kind Downsyndrom hat oder nicht.

20 Milliliter Blut sollen reichen, um bereits in der 14. Schwangerschaftswoche zu klären, ob der Fötus ein Chromosom mehr hat als die meisten anderen Kinder. Die Herstellerfirma spricht von einer "mindestens 95-prozentigen Zuverlässigkeit".

Laut Hersteller große Nachfrage

Eine "Rasterfahndung nach Menschen mit Downsyndrom" nannte der Behinderten-Beauftragte der deutschen Bundesregierung, Hubert Hüppe, diese Möglichkeit. Die deutschen Behörden überprüften das Bewilligungsverfahren für den Test erneut. Diese Prüfung wurde nun erfolgreich abgeschlossen, berichtet die Neue Zürcher Zeitung. Der Markteinführung in allen drei Ländern stehe nichts mehr im Wege, zitiert sie eine Sprecherin von Hersteller Lifecodexx. Die Nachfrage sei enorm: Auf der Homepage werden Interessenten gebeten, vorläufig nicht anzurufen, zu zahlreich seien die Anfragen. Das Unternehmen arbeitet derzeit an einer eigenen Hotline.

Kritik am Test

Dämpfen dürfte die große Nachfrage zumindest vorerst der Preis: Zwischen 1200 und 1400 Euro soll der Test kosten. Da aber bereits Konkurrenzfirmen an ähnlichen Produkten arbeiten, dürfte er bald sinken, in der Schweiz überlegen die Behörden, die Untersuchung auf Kassenkosten zuzulassen. In Österreich gilt das vorerst als unwahrscheinlich. "Mir wäre wichtig, dass die Untersuchung nicht in den Mutter-Kind-Pass aufgenommen wird", sagt Monika Hallbauer vom Verein Downsyndrom Österreich, der Dachorganisation aller österreichischen Verbände. "Es muss klar sein, dass das keine Untersuchung ist, die man dem Kind zuliebe macht. Ein Leben mit Downsyndrom kann ein sehr lebenswertes Leben sein."

"Fragwürdige Entwicklung"

Hallbauer wünscht sich eine "zu Behinderung positiv eingestellte Beratung" vor und während des Tests und eine bessere Schulung für die Beratenden - derzeit hätten die meisten keine persönliche Erfahrung mit Menschen mit Downsyndrom. Sie könne verstehen, dass sich Frauen im Einzelfall für die Untersuchung entscheiden: "Gesamtgesellschaftlich ist das aber eine Entwicklung in eine fragliche Richtung."

Es gibt keine Statistiken darüber, wie viele Menschen mit Trisomie 21 pro Jahr in Österreich geboren werden, Schätzungen gehen von etwa 80 aus. Seit die Chromosomen-Veränderung per Fruchtwasser-Untersuchung vor der Geburt diagnostiziert werden kann, berichten Downsyndrom-Ambulanzen von leicht sinkenden Geburtenzahlen, sagt Hallbauer. "Allerdings ist der Rückgang nicht so groß, wie man vielleicht glauben würde." (Tobias Müller, DER STANDARD, 31.7.2012)