Wien - Die Apothekerkammer lehnt den Vorschlag der Ärztekammer ab, ein "duales System" zu schaffen, in dem neben den Apotheken auch die Landärzte unbeschränkt Medikamente verkaufen dürfen. Apothekerkammer-Präsident Max Wellan plädierte am Montag dafür, das System so zu belassen, wie es ist und ärztliche Hausapotheken nur als Notlösung für ländliche Gebiete zu betrachten, in denen es keine Apotheken gibt.

Erkenntnis des VfGH Auslöser

Anlass für die Debatte ist ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, der die Regelung gekippt hat, wonach in Gemeinden mit zwei Kassenärzten die Ärzte ihre Hausapotheken nach zehn Jahren zusperren müssen, wenn eine Apotheke eröffnet wird. Nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung müssen in Gemeinden mit drei Kassenärzten die Ärzte ihre Hausapotheken nach drei Jahren einstellen, wenn eine Apotheke eröffnet wird. In Gemeinden mit zwei Kassenärzten wurde den Ärzten, die ihre Hausapotheke schon vor 2008 hatten, hingegen eine Übergangsfrist von zehn Jahren zugestanden. Die Verfassungsrichter sehen darin eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und haben die Regelung mit Ende 2013 aufgehoben.

Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger hatte am Wochenende den Wunsch an die Politik geäußert, ein Signal zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung am Land zu setzen und den Hausärzten am Land den unbeschränkten Verkauf von Medikamenten neben den Apotheken zu erlauben (derStandard.at berichtete).

Trennung "saubere Lösung"

Wellan lehnt das ab und bezeichnet es als "klassischen Trugschluss", dass es auch im Interesse der Patienten wäre, wenn sie Medikamente sowohl in der Apotheke als auch in der ärztlichen Hausapotheke bekommen könnten. Die Berufe des Arztes und des Apothekers seien seit rund 750 Jahren aus gutem Grund getrennt. Die Mediziner seien für das ärztliche Gespräch, die Diagnose und die Therapie zuständig und sollten nicht zusätzlich die Medikamente verkaufen, die sie verschreiben. Die Apotheker hingegen seien für die Arzneimittel zuständig, sie bieten nochmalige Beratung und Betreuung, eine größere Auswahl und bessere Öffnungszeiten, argumentierte der Apothekerkammer-Präsident. Diese Trennung ist für Wellan die "saubere Lösung", alles andere birgt für ihn "die Gefahr der Unsauberkeit". Die "Regelversorgung" über die Apotheken habe sich "seit Jahrhunderten bewährt", die ärztlichen Hausapotheken hält Wellan für eine "Notlösung" in ländlichen Gemeinden ohne Apotheken, "wo es nicht anders machbar ist".

"Gar nichts tun"

Im Gegensatz zum Ärzte-Chef sieht der Apotheker-Chef aufgrund des VfGH-Erkenntnisses "keinen Grund zur Aufregung" und auch keinen unmittelbaren Anlass Handeln. Die Politik müsste seiner Auffassung nach "gar nichts" tun - dann würden ab 2014 für die ärztlichen Hausapotheken die einheitliche Frist von drei Jahren gelten, wenn eine öffentliche Apotheke eröffnet wird. An der Balance des Systems habe das Erkenntnis nichts geändert, meinte Wellan.

Auch wenn zwischen Ärzten und Apothekern naturgemäß unterschiedliche Interessen bestehen, will Wellan diese nicht in den Mittelpunkt rücken, sondern die Patienten. Deshalb werde man mit den Ärzten auch über Lösungen sprechen. Der Apotheker-Chef versicherte, dass auch sein Berufsstand an einer guten ärztlichen Versorgung am Land interessiert sei. (APA, 30.7.2012)