Er arbeitet in der Forschung und Entwicklung für Raumfahrt. Er ist jeden Tag von Hightech-Geräten umgeben - und einem alten, heruntergekommen Motorrad. Einer Honda VFR, Baujahr 1994. Sie ist sein Heiligtum, er verteidigt sie gegen jedes böse Gerede und hält sie in Schuss.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Muss er auch, fährt er doch fast jeden Tag damit von zu Hause in die Firma. Er heißt Roland Holzbauer, ist ein 35-jähriger Niederösterreicher, vielleicht einer der letzten echten Biker, und assistiert Graf Foto oft, wenn wir Autos oder Motorräder fotografieren müssen. Darum auch sein Kosename: Kamerakind Roland.

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31 Kilometer fährt Roland von zuhause in die Firma. Egal ob es regnet, oder die Sonne scheint. Also gehört das Regengewand zur Grundausrüstung? "Wegen der 31 Kilometer ziehe ich kein Regengwandl an", meint er kopfschüttelnd, "Wenn man die Ledermontur richtig einfettet, geht auf der Strecke eh kein Regen durch."

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Roland Holzbauer ist hart im Nehmen. Davon zeugt auch sein Motorrad, das er um 2.500 Euro einem Freund abkaufte, der 56.000 Kilometer drauf fuhr. Inzwischen hat die VFR 116.0000 Kilometer auf den Rippen - und das sieht man ihr auch an - obwohl auf dem Tacho erst 91.000 Kilometer stehen.

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Der Tank ist eingedrückt, der Lack abgeschossen, das Fahrwerk verdient diesen Namen nicht mehr, wie man sofort sieht, wenn er anbremst oder einlenkt.

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"Das Fahrwerk ist super", protestiert Roland Holzbauer sofort. "Gut, das Hecklicht wackelt, aber es hält bombenfest. Es flackert vielleicht ein wenig, aber so wird man nur umso besser gesehen."

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Warum er so auf seine alte VFR steht und sie fahren wird, bis sie tot ist - auch wenn jeder, der sich mit Motorrädern ein wenig auskennt, sagen würde, die VFR sei bereits tot - ist für ihn so klar, dass er sich über die Frage wundert. "Sie geht super, fühlt sich super an, man sitzt super drauf, kann super damit pressen und auch super eine Tour machen."

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Erst letztes Jahr war er mit seiner Honda auf Korsika. "Ich bin mit meinem Bruder runtergefahren. Wir sind den ganzen Tag auf den Bikes gesessen, fuhren in drei Tagen runter, kurvten dann vier Tage über Korsika und fuhren dann wieder drei Tage hinauf." Selbstverständlich war kein Meter Autobahn dabei.

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Kaum zu glauben, dass jemand mit einem so alten Motorrad freiwillig so eine Tour macht. Doch für den Holzbauern ist das selbstverständlich. Sein Motorrad ist nichts Besonderes - außer seiner Meinung nach besonders gut.

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"Die fahre ich", sagt er, "bis sie tot ist", und ist davon überzeugt, dass dieser Zeitpunkt noch nicht eingetreten ist. "Menschen reden mich immer wieder an und sagen mir, dass ich ein tolles Bike habe - aber putzen sollte ich es."

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Geputzt hat er sie sogar. Einmal bis heute. "Davon wird sie nicht schneller", meint Roland Holzbauer und vergisst dabei, dass er mit einer gründlichen Motorrad-Wäsche gleich ein paar Kilo Gewicht einsparen könnte. Doch für ihn ist der Dreck des Alltags "der Charakter eines Motorrades".

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Er ist noch nie mit seiner VFR gestürzt, fährt damit wie ein Henker, und selbst wenn einmal ein Nagel im Hinterreifen steckt, bringt ihn das nicht in eine Werkstatt. Er richtet alles selbst. Auch wenn bis heute nicht viel zu tun war: "Das alte VFR-Leiden halt", erinnert er sich, "die Lichtmaschine und der Laderegler waren einmal kaputt, die habe ich getauscht und fertig."

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Sonst hat er außer Verschleißteilen nie etwas richten müssen. Auch wenn er inzwischen fast 60.000 Kilometer auf die VFR gefahren ist. Rund 10.000 Kilometer sind es derzeit, die er im Jahr zurücklegt. Wie viele Kilometer auf der Uhr stehen werden, wenn die VFR dann endgültig auf den Schrottplatz muss, weiß er noch nicht.

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Aber sollte er sie eines Tages doch noch verkaufen, dann sicher nur vollgetankt, weil dann ist sie gleich das Dreifache wert.

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