"Diese Farben! Die Kunstwerke sind richtige Kraftfelder, finden Sie nicht?" Helene Karmasin mit hölzerner Eselin-Skulptur in ihrem Wohnzimmer.

Foto: Lisi Specht

Die Marktforscherin Helene Karmasin wohnt in einem umgebauten Haus am Stadtrand von Wien - umgeben von Kunst und Natur. Wojciech Czaja war zu Besuch.

"Wir wohnen hier seit etwa 30 Jahren. Das ist ein ganz unaufgeregter Bau aus den Fünfzigerjahren. Entdeckt haben wir das Haus durch Zufall. Es war in einem schauerlichen, desaströsen Zustand und hätte eigentlich abgerissen werden sollen. Aber mein Mann ist ein großer Sanierer und Restaurator, und als er das Haus sah, da meinte er: 'Das krieg ich schon hin.' Ich habe ihm geglaubt. Ein Dreivierteljahr später sind wir eingezogen.

Mein persönliches Highlight ist das ausgebaute Dach im zweiten Stock. Das ist mein kleines Reich, wo ich mich zurückziehen kann, wenn ich wieder mal sehr viel in der Öffentlichkeit war. Und man wird es gar nicht glauben, aber da oben steht ein riesengroßer Steinway-Konzertflügel. Ich spiele zwar grottenschlecht, denn ich habe erst vor fünf, sechs Jahren zu spielen begonnen, aber auf diesem Flügel klingt sogar Hänschen klein wunderbar. Mittlerweile spiele ich bitte schön schon einfache Chopin-Stücke!

Wie man unschwer sieht, umgebe ich mich sehr gerne mit Kunst und schönen Dingen - mit Vasen, Blumen, Lampen, mit hübschen Antiquitäten, vor allem aber mit Kunstwerken. Diese Farben! Dieses Energiebündel an Farben! Das sind richtige Kraftfelder, finden Sie nicht?

Eines meiner liebsten Stücke im ganzen Haus ist die Eselin von Elisabeth von Samsonow, eine lackierte Holzskulptur mit dem Titel I marry myself. Das nenne ich Autonomie! Ich mag diese Kombination aus Männlichem und Weiblichem. Der Kopf hat etwas Kerlhaftes, die feisten Oberschenkerl sind dafür feminin übereinandergeschlagen. Entdeckt habe ich die Eselin in einer Galerie. Ich fand sie auf Anhieb entzückend.

Das ist übrigens die Ecke der magischen Tiere. Neben der Eselin hängt Mister Moon. Das ist der Kater, der unter dem Sternenhimmel sitzt. Ich liebe ja Katzen, und ich habe sogar zwei echte Katzen: Maximilian und Louise. Generell kann man sagen, dass ich zu den meisten Bildern hier im Haus eine sehr enge Beziehung habe. Die meisten Künstlerinnen und Künstler kenne ich persönlich. Ein Bild oder ein Kunstwerk anzusehen ist für mich, als würde ich Kontakt mit meinen Freunden und Bekannten aufnehmen.

Damit die Kunstwerke so richtig zur Geltung kommen, haben wir die übrigen Gegenstände im Haus bewusst ein wenig zurückgenommen. Die Möbel sind weiß, bei den meisten Stücken handelt es sich um zeitlose, schlichte Klassiker. Überhaupt mag ich diese ruhige, unaufgeregte Verbindung zwischen Kunst und Natur. Daher habe ich auch keine Vorhänge. Ich kann Vorhänge nicht ausstehen. So kann die Natur ungebremst ins Wohnzimmer strömen.

Apropos Natur: Im Garten steht ein ewig alter Nussbaum. Das ist der König des Gartens! Da wohnen Spechte und Eichhörnchen. Dieser Baum dominiert alles und duldet keine anderen Pflanzen rundherum. Alles andere geht ein. Wir haben nur Gras, sonst nichts. Nur die Oleandersträucher und Rosenbüsche in sicherer Entfernung haben eine Chance zu gedeihen. In der Früh, bevor ich in den Tag starte, setze ich mich mit einer Tasse Kaffee hierher und starre zehn Minuten lang den Nussbaum an. Einziger Nachteil: Bei Dunkelheit sieht man den Baum nicht. Aus diesem Grund wollen wir ihn demnächst beleuchten, so richtig dramatisch, damit wir auch am Abend etwas davon haben.

Neben dem Nussbaum stehen zwei Skulpturen: ein kleines Engerl und ein Buddha. Das ist unser 'Best of two Worlds'. Der Buddha hat ein Mudrah, also eine bestimmte Handhaltung, die Katastrophen abwehren soll. Nur irgendwie kommt der Buddha nicht gegen die Nacktschnecken an. Diese furchtbaren Tiere fressen uns alles kaputt. Aber weiß Gott, wie es wäre, wenn er nicht die Hand aufhielte!" (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 28./29.7.2012)