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Die 25-jährige Corinna Kuhnle beherrscht die Kunst, das wilde Wasser zielgerichtet zu reiten.

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Die beeindruckende Anlage im Lee Valley Whitewater Center.

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London - Wer zweimal hintereinander Weltmeisterin wird, hat sich mit Problemen herumzuschlagen, die andere sehr gerne hätten. Und dennoch kommt man dann, so wie eben Corinna Kuhnle, etwas in den Wiglwogl.

Einerseits "kann ich das nicht an mich heranlassen". Andererseits "weiß ich aber auch, dass ich diese Medaillenerwartung nicht von mir wegschieben kann". Kurz und gut: Die Wildwasser-Kanutin Corinna Kuhnle, Soldatin aus Niederösterreicher und daheim auf allen schäumenden Gewässern dieser Erde, ist eine echte Medaillenhoffnung. Um nicht zu sagen: die heißeste. Ja: Man tuschelt einander schon Güldenes zu.

Der kleine Unterschied

Davor aber - Kuhnles Wiglwogl rührt ja daher - sind im Lee Valley White Water Centre klarerweise noch der Vorlauf am Montag und das Halbfinale erfolgreich zu absolvieren, ehe am Donnerstag dann der Griff nach der Goldmedaille in die tatsächliche Greifbarkeit rückt. Wie schwer das sein kann, weiß Corinna Kuhnle natürlich besser als all jene, die sie als größte Medaillenhoffnung des ÖOC-Aufgebots handeln. " Wenn man ein Tor berührt, weil man einen halben Zentimeter näher dran war als gewollt, hat man zwei Strafsekunden. Das kann den Unterschied bedeuten zwischen Sieg und keiner Medaille."

Solche Fährnisse gibt es zwar in vielen - womöglich allen - Sportarten. Aber in keiner wird der Sportler, die Sportlerin von Strudeln gestrudelt, wovon man sich dann im Fall des Falles mit gewagten Eskimorollen zu befreien hat. Der Montag, sagt die Kanutin, diene quasi der Einstimmung. Von zwei Läufen zählt der schnellere, 15 steigen auf. "Ich muss noch nicht alles zeigen, es sollte auch so für das Semifinale reichen", meint sie mit weltmeisterlich fundiertem Selbstbewusstsein.

Übung macht die Siegerin

Und das geht so: "Ich konzentriere mich auf meine Leistung. Ich will zufrieden über die Ziellinie fahren und mit meiner eigenen Leistung zufrieden sein. Das ist, was ich beeinflussen kann. Die Leistung der anderen Sportlerinnen liegt sowieso nicht in meiner Hand." Die Spiele sind nicht nur Saisonhöhepunkt für die 25-jährige Weltmeisterin von 2010 und 2011. Sogar allfällige Sponsorentätigkeiten stellte sie zurück: "Ich kann nicht alles wahrnehmen, jedem alles geben, dafür habe ich weder Zeit noch Energie."

Stattdessen übte sie, sooft es nur ging, auf dem Olympiakurs. Wildbach ist es keiner, sondern, wie längst üblich, ein Wildkanal. "Es gibt sehr unterschiedliche Kanäle, der hier ist groß und ziemlich heftig vom Wildwasser her. Eine physisch anspruchsvolle Strecke. Und je schwieriger die Strecke zu fahren ist, desto mehr Trainingseinheiten braucht man, um sie kennenzulernen." Freilich sind Doppelweltmeisterinnen auf anspruchsvollen Rinnen wohl auch im Vorteil. Der wurde auch forciert. "Im Training sind immer mehr Tore gehängt als im Rennen. An die sechzig waren es zuletzt, im Wettkampf sind es zwischen 18 und 25."

Nach London paddelte Kuhnle gegen Violetta Oblinger-Peters, die Olympia-Bronzemedaillengewinnerin von Peking 2008. 2010 hat sie sich mit ihrem WM-Titel selber überrascht, im Jahr darauf durch die Bestätigung die Überraschung noch getoppt. Und diese lässt sich nun nur noch durch eine Medaille im Londoner Kanal toppen. Aber, so die niederösterreichische Medaillenhoffnung: "Definitiv erlebt man Überraschungen. Wir probieren halt so viele Varianten wie möglich." (DER STANDARD, 30.07.2012)