In Vorarlberg, wo Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) die Diskussion um die Straffreiheit der Beschneidung lostrat, will man eine schriftliche Klarstellung des Justizministeriums. Gesundheitslandesrat Christian Bernhard (ÖVP) richtete dazu eine Anfrage an das Ministerium. Der Mediziner will wissen, wie sich im Zuge der Gerichtsentscheidung in Köln die rechtliche Situation in Österreich darstellt. Bernhard geht es um Rechtssicherheit für die Ärzte.

Kein Verstoß gegen gute Sitten

Die Antwort sei unterwegs nach Bregenz - andere Landesregierungen bekämen kein Schreiben, sie hätten ja nicht angefragt -, sagt Sektionschef Christian Pilnacek. Sie sei eine ausführliche Version der vom Ministerium mehrfach geäußerten Rechtsmeinung: Beschneidungen Unmündiger aus religiösen Gründen sind straffrei. Begründet wird das durch das Elternrecht. Eltern müssten für das Kind in den Eingriff einwilligen. Zudem gebe es keine Gegenmeinung, dass das Kindeswohl durch eine Beschneidung beeinträchtigt würde. Eine rituelle Beschneidung verstoße zudem nicht gegen die guten Sitten.

Pilnacek verweist auf das neue Gesetz zur Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen. In den Erläuterungen zum Gesetz, das gerade den Bundesrat passiert hat, wird die "Beschneidung männlicher Säuglinge israelitischer und muslimischer Konfession" als Operation, die Ärzten vorbehalten ist, gesehen. Sie sei zwar eine Körperverletzung im Sinne des Strafgesetzbuches, verstoße aber nicht gegen die guten Sitten, wenn sie mit Einwilligung der Eltern nach § 90 des Strafgesetzbuches geschehe, heißt es in den Erläuterungen. "Dies deshalb, da es sich um in Österreich anerkannte Religionsgesellschaften handelt", wird auf die religiöse Motivation und damit auf die Religionsfreiheit verwiesen.

Nicht eingewilligt kann nach Paragraf 90 in einen Eingriff werden, der das sexuelle Empfinden nachhaltig beeinträchtigt. Das gelte aber nicht für die männliche Beschneidung, so Pilnacek. (jub, DER STANDARD, 28./29.7.2012)