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Der Zinsskandal hinterlässt kaum sichtbare Spuren im Halbjahresergebnis der britischen Großbank Barclays.

Foto: reuters/simon newman

London - Der britischen Großbank Barclays steht nach dem Skandal um Zinsmanipulationen neuer Ärger ins Haus. Die Finanzaufsicht FSA nimmt das Geldhaus sowie die Arbeit von vier ehemaligen und aktuellen Managern genauer unter die Lupe, wie das Institut am Freitag mitteilte. Darunter ist auch Finanzchef Chris Lucas. Dabei geht es darum herauszufinden, ob Barclays bei den Kapitalerhöhungen 2008 die fälligen Gebühren ausreichend offen gelegt hat. Zudem stehen dem Institut wegen des Zinsskandals weitere Sammelklagen in den USA bevor.

Operativ kann die Affäre der Bank bisher dagegen nichts anhaben. Mit einem Vorsteuergewinn von umgerechnet 5,4 Mrd. Euro übertraf das Institut im ersten Halbjahr die Markterwartungen deutlich. Das sind 13 Prozent mehr als vor einem Jahr. Auch im Juli seien die Kunden bei der Stange geblieben, erklärte das Geldhaus. Der ablaufende Monat sei besser gelaufen als der Juli 2011. Das Renditeziel von 13 Prozent bleibe nach wie vor bestehen. Die Aktien zogen um mehr als fünf Prozent an.

Kostspielige Klagen

Barclays hat als einziges Institut bisher eine Beteiligung an den Zinsmanipulationen eingeräumt und ist daher mit einer Strafe von fast einer halben Milliarde Dollar (408 Mio. Euro) belegt worden. Die gesamte Führungsriege musste daraufhin den Hut nehmen. Weltweit laufen in dem Fall Ermittlungen gegen mehr als ein Dutzend Großbanken, darunter auch die Deutsche Bank. Den Instituten wird vorgeworfen, die in verschiedenen Währungen ermittelten Referenz-Zinssätze Libor und Euribor durch falsche Angaben zu ihren Gunsten verzerrt zu haben. Barclays wird bereits in einigen US-Sammelklagen als Beschuldigte genannt. Nun kommt eine weitere hinzu, die auf die Rolle der Bank bei der Ermittlung des Yen-Libor abzielt.

Investoren fürchten die kostspieligen Folgen derartiger Klagen. Der scheidende Verwaltungsratschef Marcus Agius versprach ihnen, dass Barclays rasch einen Schlussstrich unter die Affäre ziehen und den Imageschaden wieder reparieren wolle. "Wir entschuldigen uns für die Dinge, die in den vergangenen Wochen bekanntgeworden sind", erklärte er. "Wir wissen, dass wir unsere Kunden und Aktionäre enttäuscht haben." Agius sucht derzeit einen neuen Vorstandschef, nachdem Bob Diamond wegen des Skandals gehen musste. Er ließ nicht durchblicken, wann ein Nachfolger ernannt werde. Als Favorit gilt derzeit Finanzkreisen zufolge der frühere JP-Morgan -Banker Bill Winters. Für Agius Nachfolge ist der einstige Spitzen-Regierungsbeamte Gus O'Donnell im Gespräch.

Unternehmenskultur ändern

Überraschend gut lief bei Barclays zuletzt auch das Kapitalmarktgeschäft, das in den vergangenen Monaten bei vielen Instituten wegen der Schuldenkrise gelitten hat. Barclays nahm hier im zweiten Quartal umgerechnet 3,8 Mrd. Euro ein, fünf Prozent mehr als vor einem Jahr. Als Reaktion auf den Libor-Skandal prüft das Management derzeit alle Bereiche des Investmentbankings, wie mehrere mit den Plänen vertraute Personen sagten. Aus der Politik waren Forderungen nach einem drastischen Schrumpfen laut geworden. Barclays hat eingeräumt, dass sich die Unternehmenskultur ändern müsse. Die Finanzaufseher hatten dies bereits vor einigen Monaten gefordert. (APA, 27.7.2012)