Bregenz - Grundbesitzer reagieren meist wenig begeistert auf Gefahrenzonenpläne: "Übertrieben, alles nur Fantasie, da ist ja noch nie was passiert" oder "Mein Grundstück ist nichts mehr wert". Diese Argumente hören die Gutachter von der Wildbach- und Lawinenverbauung häufig, erzählt der Vorarlberger Sektionsleiter Andreas Reiterer aus dem Alltag der Experten für Naturgefahren. "Da ist es gefährlicher, als ihr das einschätzt", diesen Einwand höre er so gut wie nie.

Geschärft würde das Bewusstsein oft erst nach Naturereignissen, dann steige auch die Bereitschaft, Grundstücke für Schutzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen, sagt Reiterer. Den meisten Besitzern sei der Wert ihres Grundstücks aber wichtiger. Die enorme Wertsteigerung der letzten Jahre - "die Bodenpreise in Vorarlberg haben sich ja verdoppelt bis verdreifacht" - trage nicht zur Akzeptanz von Restriktionen bei.

In Vorarlberg befinden sich 1450 Gebäude in der roten Gefahrenzone, 8850 in der gelben. Im Gegensatz zum Nachbarland Tirol, wo noch 20 Gemeinden ohne Gefahrenzonenplan sind, wurden bereits alle Gemeinden mit Zonenplänen ausgestattet.

Besitzer reden mit

Die Pläne werden nicht von oben verordnet. Die Wildbach- und Lawinenverbauung legt einen Entwurf vor, Gemeinde und Land legen die Pläne zur Einsichtnahme und Beeinspruchung auf. Einwände werden dann von einer Viererkommission - bestehend aus einem Experten der Wildbach- und Lawinenverbauung, dem Bürgermeister, dem Landesgeologen und einem Vertreter des Umweltministeriums - geprüft. Nicht alle Besitzer nehmen eine Ablehnung widerspruchslos zur Kenntnis, sie legen Gegengutachten vor.

In Lech etwa wurden 300 Einwände eingebracht. "Da waren wir 14 Tage unterwegs, um mit allen Betroffenen zu reden, haben ein Bürgerbeteiligungsverfahren gemacht", sagt Reiterer.

Ein Grundstück in der roten Zone darf nicht verbaut, die Nutzung eines bestehenden Gebäudes nicht verändert werden. Was vor allem Hotelbesitzer wurmt. Kapazitätsausbau in der Gefahrenzone spielt sich nicht. Möglich sind aber Aus- und Zubauten, die der Sicherheit dienen. Solche Maßnahmen werden auch gefördert.

Absiedlung oder Enteignung sind "kein Thema", sagt Reiterer. Im Schadensfall stelle sich aber sehr wohl die Frage des Wiederaufbaus. Für Ersatzmaßnahmen gibt es dann auch Geld aus dem Katastrophenfonds. (Jutta Berger, DER STANDARD, 26.7.2012)