Frankfurt - Die Diskussion um eine Banklizenz für den Euro-Rettungsfonds ESM scheint neu eröffnet zu sein: Das österreichische Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Ewald Nowotny, sagte am Mittwoch der Nachrichtenagentur Bloomberg, es gebe einige Gründe für diese Option. "Es gibt auch andere Argumente, aber ich würde dies als eine laufende Diskussion bewerten." Er wisse allerdings nichts über eine spezifische Debatte im geldpolitischen Rat der EZB über die Thematik, schränkte der österreichische Notenbankchef ein.

Bis zuletzt hatte es die EZB abgelehnt, dem ESM über eine Banklizenz die Möglichkeit zu eröffnen, sich direkt bei der Notenbank zu refinanzieren. Der ESM soll über eine Finanzausstattung von 500 Mrd. Euro verfügen. Eine Banklizenz würde die Feuerkraft des Fonds vervielfachen. Dies würde im Prinzip der direkten Staatsfinanzierung durch die EZB "Tür und Tor" öffnen, hieß es in einer Einschätzung des Bankhauses Metzler. Das Aufflackern der Diskussion um den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erklärten die Metzler-Experten mit der zuletzt angespannten Lage an den europäischen Märkten für Staatsanleihen.

An den Finanzmärkten wurden die Aussagen von Nowotny als ein Hinweis für eine künftige Banklizenz des ESM gedeutet und lösten starke Kursreaktionen aus. Der Kurs des Euro sprang im Vormittagshandel auf ein Tageshoch bei 1,2135 US-Dollar, nachdem er am Vortag noch ein Zwei-Jahrestief bei 1,2040 Dollar erreichte. Am Markt für deutsche Staatsanleihen rutschten die Kurse nach den Nowotny-Aussagen ins Minus und am Frankfurter Aktienmarkt machte der DAX seine frühen Verluste wett.

Der ständige Rettungsschirm ESM - Nachfolger des temporären Schirms EFSF - sollte eigentlich bereits im Juli an den Start gehen. Die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu mehreren Eilanträgen hat den Start aber verzögert. Das höchste deutsche Gericht will im September entscheiden. Derzeit gibt es Bedenken, dass die Ausstattung der Rettungsschirme EFSF und ESM nicht ausreicht, sollten große Länder wie Spanien und Italien finanzielle Unterstützung benötigen. (APA, 25.7.2012)