"Das Offensichtliche ist jetzt allen klar geworden", meint Kathrin Stainer-Hämmerle im Gespräch mit derStandard.at. Die halbe Kärntner Landesregierung sei durch die neuen Geständnisse in der Causa Birnbacher unter Druck geraten. Dass die Geständnisse auch tatsächlich Konsequenzen auf Landesebene haben werden und Neuwahlen bevorstehen, bezweifelt die Politologin an der Fachhochschule Kärnten aber. Die FPK habe die absolute Mehrheit in der Landesregierung und könne Neuwahlen verhindern - und für die Freiheitlichen gäbe es in der derzeitigen Situation mit Neuwahlen nichts zu gewinnen. Das sei auch an der Verteidigungsstrategie der FPK zu erkennen: FPK-Klubobmann Kurt Scheuch habe angekündigt, nun Kickback-Zahlungen der SPÖ aufdecken zu wollen. 

In der Kärntner ÖVP haben die Geständnisse auf jeden Fall Konsequenzen. Allerdings sei unklar, wie viel Achill Rumpold, der Nachfolger des mittlerweile geständigen Josef Martinz als Landesrat, gewusst habe. Er war lange Zeit dessen engster Mitarbeiter. Martinz habe mit seinem Rücktritt und Parteiaustritt rasch Konsequenzen gezogen, auch wenn Stainer-Hämmerle nicht versteht, warum es erst so spät geschehen ist.

"Haben sich mit absoluter Macht sicher gefühlt"

Für den FPK-Chef und stellvertretenden Landeshauptmann Uwe Scheuch hingegen könnte es im Fall einer neuen Anklageerhebung eng werden. Scheuch habe ja schon eine Teilstrafe auf Bewährung - dagegen habe er zwar berufen, wenn er aber jetzt neuerlich angeklagt werde, sei die Bewährung hinfällig, so die Politologin. Scheuchs Taktik werde trotzdem wieder sein, das Verfahren bis in die letzte Instanz durchzufechten.

"Es wird sehr, sehr eng für alle", sagt Stainer-Hämmerle. Jahrelang hätten sich die BZÖ- bzw. FPK-Politiker mit ihrer absoluten Macht sicher gefühlt. Jetzt merke man, dass es die Justiz ist, die den Politikern klare Konsequenzen ihres Handels aufzeigt. 

Stainer-Hämmerle bezeichnet Martinz als "Beitragstäter von Mastermind Jörg Haider". Haider habe die Dinge eingefädelt, Martinz sei hineingerutscht und habe mitgemacht. Trotzdem sei das keine Entschuldigung für ihn. Die Politikwissenschaftlerin glaubt, dass FPK und Kärntner ÖVP das Unrechtsbewusstsein verloren gegangen sei, Korruption wurde zum Kavaliersdelikt. "Das Tragische ist, dass es keine andere demokratische Instanz im Land gegeben hat, die das viel früher hätte kontrollieren, aufdecken und eindämmen können", so Stainer-Hämmerle. Durch den Wahlausgang 2009 mit 45 Prozent für das BZÖ sei die parlamentarische Kontrolle ausgeschaltet worden.

Risiko von Gefängnisstrafen für Politiker höher

Die Politikwissenschaftlerin sieht in den Vorgängen ein "System Haider". Der mittlerweile verstorbene Ex-Landeshauptmann habe Grenzen genau ausgelotet und auch überschritten. Trotzdem habe er noch gewusst, wann es zu viel sei, seine selbst ernannten Erben hätten das nicht mehr erkannt. Sie fühlten sich laut Stainer-Hämmerle unbesiegbar, was sie teilweise auch gewesen seien, da die Ermittlungen in der Causa Hypo zweimal von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt wurden. "Was auf Bundesebene passiert ist, ist in Kärnten noch mehr, noch plumper und noch frecher geschehen."

Obwohl sie nicht an Konsquenzen wie Neuwahlen glaubt, meint Stainer-Hämmerle, dass die Affäre einen Bewusstseinswandel bewirkt habe, da das Risiko von Gefängnisstrafen für Politiker größer geworden sei. Trotzdem werde es noch lange dauern, bis tatsächlich ein Wandel eintritt: "Haider hat es geschafft, wirkliche politische Zukunftshoffnungen von der Politik fernzuhalten." (Marie-Theres Egyed, derStandard.at, 25.7.2012)