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Auch im Netz werden die Pro-Choice-Stimmen lauter.

Foto: Reuters/JOSHUA ROBERTS

AbtreibungsgegnerInnen sind im Netz enorm präsent: Sie zeichnen ein Bild von Abbrüchen, die von viel Blut, Fotos von Föten in Embryonalstellung und grausigen Geschichten über den Eingriff begleitet werden. In nur wenigen Sätzen erörtern sie komplexe Fragen wie "Was ist gerecht?". Tendenziös und vor allem mit dem Einsatz persönlicher Geschichten propagiert die Pro-Life Bewegung so ihren Anti-Abtreibungsdiskurs.

Differenzierte Sichtweisen

Doch mehr und mehr häufen sich im Netz differenziertere Erfahrungsberichte. Die im Juli online gegangene Website ihadanabortion.org sammelt diese Berichte jenseits einer religiösen und politischen Agenda.

Die Einträge haben Titel wie "Remembering Dr. Tiller: How Abortion Made Me a Better Person" oder "Why I Choose To Talk About My No-Big-Deal-Abortion". Mit ihren unterschiedlichen Berichten soll ein realistischeres Bild von Abtreibung transportiert werden und die Vielfalt der Erlebnisse und Geschichten zum Thema Abtreibung abgebildet werden.

Das Abtreibungs-Narrativ stören

In den Berichten spiegelt sich oftmals das durch Pro-Life-AktivistInnen propagierte Bild, eine ungewollte Schwangerschaft, eine Abtreibung, wie auch die Entscheidung zu einer solchen sei eine unüberwindbare Katastrophe. In einem etwas überraschten Ton taucht in den Berichten auf ihadanabortion.org daher immer wieder das Fazit "es war keine so große Sache" auf. Die verbreiteten Horrorgeschichten über Schwangerschaftsabbrüche scheinen tief zu sitzen, und genau deshalb will ihadanabortion.org das noch immer von der Pro-Life-Bewegung bestimmte Abtreibungs-Narrativ stören.

Die Erfahrungsberichte erzählen zum Beispiel, dass der Eingriff nicht weh tat oder auch, dass die Betroffene sich danach nicht verwirrt fühlte oder ihre Entscheidung später bereute. Doch obwohl ihadanabortion.org den LeserInnen Gruselgeschichten über Schwangerschaftsabbrüche und deren Folgen erspart, herrscht nicht nur eitel Wonne. 

So melden sich auf der Seite auch jene zu Wort, die unfreiwillig eine Abtreibung durchführen ließen und es zeigt sich: Auch für sie ist eine liberale gesellschaftspolitische Stimmung enorm wichtig.

Kurzes und schmerzvolles Leben

Sarah I. aus Kentucky bekam von ihrem Arzt die Nachricht, dass ihr Fötus keine Überlebenschance hätte. Sie musste die gewollte Schwangerschaft beenden und bekam im Krankenhaus auch noch religiöse Kommentare zu hören. Aus anderer Sicht schreibt Emily R.. Sie bittet in ihrem Beitrag den christlich-fundamentalistischen Politiker und Abtreibungsgegner Rick Santorum, doch mit ihrem Sohn Bekanntschaft zu machen, der an einer genetischen Erkrankung leide und nur ein kurzes und schmerzvolles Leben vor sich habe. Hätte sie vor seiner Geburt davon gewusst, hätte sie ihm das erspart, ist sich die Mutter sicher.

Ob aus diesen oder anderen Gründen, Scham und Schuldgefühle eint noch immer einen großen Teil der Geschichten. Doch ein solidarischer und enttabuisierter Umgang mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch könnte das ändern - zum Beispiel auf ihadanabortion.org. (beaha, dieStandard.at, 25.7.2012)