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Italiens Staatsfinanzen und der Turm von Pisa teilen sich die Schieflage. Weitere Finanzlücken bei mehreren Regionen des Landes beunruhigen die Investoren. Roms Zinskosten sind wieder deutlich angestiegen.

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Der geplante Fahrplan Roms zum Schuldenabbau kommt durch die aktuellen Turbulenzen kräftig durcheinander. Zwar verzeichnet Italien einen Primärüberschuss im Haushalt, hätte also ohne Zinskosten einen positiven Budgetsaldo. Doch die somit mögliche Schuldenreduktion wird durch den teurer gewordenen Schuldendienst sowie die aktuelle Rezession vereitelt. Sollte Italien in ernstere Schwierigkeiten kommen, wäre es mit seinen zwei Billionen Euro Staatsschulden eine Nummer zu groß für den Rettungsfonds ESM, der bis zu 500 Milliarden Euro verleihen kann.

Konkret geht die Notenbank des Landes dank Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen davon aus, dass die Schuldenquote von heuer 123 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 118 Prozent im Jahr 2015 sinkt. Zum Vergleich: Der Durchschnitt der Eurozone liegt bei 88 Prozent. In einer Analyse wies die Hypo Capital Management am Montag darauf hin, dass die Banca d'Italia bei ihrem Fahrplan heuer von einem Zinsniveau von 4,4 Prozent auf die Staatsschuld ausgeht, obwohl zehnjährige Staatsanleihen derzeit mit gut 6,3 Prozent rentieren. Dazu kommt, dass die Wirtschaft deutlich schwächer schrumpfen dürfte, als es die Notenbank mit minus 1,2 Prozent für heuer angenommen hat. Laut Hypo Capital Management wird es angesichts des verschlechterten Umfelds für Italien schon schwer werden, die Verschuldung auf dem aktuellen Niveau zu belassen. Für eine Trendumkehr sehen die Experten derzeit keine Anzeichen.

Marode Südregionen

Möglicherweise versalzen die Regionen die Suppe zusätzlich. Die US-Rating Standard & Poor's hat zu Wochenbeginn bestätigt, das Rating für die süditalienische Region Sizilien suspendiert zu haben. Grund dafür ist die wenig transparente Finanzlage der Region. "Wir werden die Beratungen erst dann aufnehmen, wenn wir von offizieller Seite entsprechende Auskünfte über die regionalen Finanzen erhalten haben", heißt es in einer Mitteilung der Ratingagentur.

Aber die Transparenz ist nicht nur in Sizilien und in mehreren süditalienischen Regionen ein Problem. Auch die Finanzen in nord- und mittelitalienischen Gebietskörperschaften erweisen sich oftmals als Buch mit sieben Siegeln. Offensichtlich hat die Regierung Monti mit ihrer prompten Unterstützung Siziliens in der vergangenen Woche auch nicht zur Transparenz beigetragen. Mit einem Zuschuss von 400 Millionen Euro hat der Regierungschef auf die Zahlungsschwierigkeiten reagiert. Die Auszahlung der Gelder bereits geplant gewesen, erklärte Monti in einem Vieraugengespräch dem Staatspräsidenten. Details wurden keine genannt.

Somit erwies sich die sonst auf Sparsamkeit erpichte Regierung mit einem Schlag als großzügiger Finanzier. Die Absicht war eindeutig: Die Finanzprobleme Siziliens, eine mögliche Pleite, sollten mit allen Mitteln verhindern, dass Italiengläubiger weiter verunsichert werden. Allerdings könnte sich die Maßnahme nach hinten losgehen, da auch andere süditalienische Regionen - Kalabrien, Kampanien, Basilicata und Molise - in finanzielle Schieflage geraten sein sollen. Jedenfalls hat die Ratingagentur Moody's mehrere Regionen des Mezzogiorno mit Baa3 schlechter bewertet als das bereits um zwei Schritte abgestufte Länderrisiko Gesamtitaliens.

Last but not least dürfte die prompte Finanzhilfe der Regierung an Sizilien auch verfassungswidrig sein. Denn die italienische Verfassung sieht vor, dass der Zentralstaat nicht für die Finanzlöcher der 20 Regionen und der über hundert Provinzen aufkommen soll. (Thesy Kness-Bastaroli, Andreas Schnauder, DER STANDARD, 24.7.2012)