Olivier Dubois hat etwas über die Revolution zu sagen: In "Rouge" zeigt er die Seite des männlichen Einzelkämpfers.

Foto: Arno Bouvier

Wie die Revolution aussieht, das weiß man spätestens seit Delacroix' Die Freiheit führt das Volk: Wie eine Frau, die in all der Aufregung keine Zeit mehr hat, ihr verrutschtes Gewand wieder züchtig geradezurichten. Wie die Revolution aber klingt, wie sie sich bewegt, zeigt das Bild nicht. Das erledigt nun, natürlich, ein anderer Franzose: Olivier Dubois mit seiner Revolutionstrilogie, deren zweiter Teil Rouge nun erstmals in Österreich zu sehen ist.

Teil eins der Trilogie, Révolution, zeigte zwölf Tänzerinnen, die zu den Klängen von Maurice Ravels Boléro zwei Stunden lang um jeweils eine Pole-Dance-Stange marschierten. Die weibliche Seite der Revolution, ein unermüdliches, geduldiges Aus- und Durchhalten oder, wie Dubois dazu sagt, das Hörbarmachen des "düsteren Schreies des Widerstands".

Rouge sei nun die einsame männliche Antwort, ein "Kriegsschrei" als Reaktion auf den ruhigen, fordernden Marsch der Frauen. In Rouge zeigt Dubois das Unkontrollierbare am Kampf: In einem Minikleid und roten High Heels bewegt er sich inmitten riesiger roter Gitterstäbe, als wäre er ein eingesperrtes Tier. Er scheint bedroht von unsichtbaren Kräften, trägt blutrote Flecken am ganzen Körper. Nicht mehr das düstere, aber auch beherrscht und abgeklärt wirkende Schwarz der Frauen herrscht hier, sondern ein leidenschaftliches, warmes Rot.

Ganz in dieses rote Licht getaucht, zeigt sich Dubois später mit Megafonen behängt, schreit hinaus, was ihn bewegt. Und er tanzt zu Kampfliedern des Rote-Armee-Chors der UdSSR. Der Aufstand hat viele Gesichter, und eines davon sieht so aus: laut und gefährlich, blutrot und leidenschaftlich. Aber eben auch einsam. Weil am Ende jeder für sich alleine kämpft. (Andrea Heinz, Sonderthema/Beilage, DER STANDARD, 24.7.2012)