Zwei große Liebende im Clinch: Jaschka Lämmert und Christian Kainradl.

Foto: Thalhof

Reichenau - Als das Publikum im Ballsaal des Thalhofs Platz nimmt, sitzt dort ein junger Mann mit dem Rücken zum Publikum. Genauso mag Schnitzler einst am Fenster gesessen sein. Wieder einmal inszeniert Helga David den Dichter in jenem Hotel, in dem die großen "Namen" der heimischen Geschichte ihre Sommerfrische verbrachten.

Diesmal buchstäblich, denn Schnitzler selbst wird zur Figur in Ach, Arthur, einem Abend, der den Briefwechsel zwischen ihm und der Schauspielerin Adele Sandrock in Szene setzt. Zwei Sphären: ein Tisch mit zwei Stühlen auf der einen Seite, ein weißer Diwan vor einem schweren Vorhang auf der anderen. Jedem der beiden seine Welt, die sich perfekt in die Kulisse des historischen Nobelhotels fügt.

In dem Einakter entwirft die Regisseurin das Bild einer stürmischen Affäre zwischen zwei Menschen, die komplizierter nicht hätten sein können - und nicht überforderter. Jaschka Lämmert ist die große Diva, die zwischen hysterischen Beschimpfungen und nicht minder hysterischen Liebesbekundungen schwankt und damit immer wieder voll gegen die Mauer läuft, die Schnitzler (Christian Kainradl) um sich aufbaut. Mitten hinein stößt man den Zuschauer, der anfangs nicht weniger überfordert ist als das Paar vor ihm.

Es ist ein Stück, in das man erst hineinfinden muss, das aber nach und nach eine unheimliche Intensität aufbaut. Vor allem wegen der schauspielerischen Leistung der beiden Protagonisten, die sowohl einzeln als auch miteinander eine starke Dynamik entwickeln. Doch einen Briefwechsel als direktes Gespräch zu inszenieren hat Tücken: Die kräftige, bildhafte Sprache der Briefe ist am wirkungsvollsten im Monolog. Die größte Dichte entsteht, wenn Arthur und Adele aus ihren jeweiligen Welten heraus zueinander sprechen. Im direkten Körperkontakt wirkt die Briefsprache gestelzt und blumig - aus dicht wird überladen.

Insgesamt jedoch geht das Konzept der Regisseurin - die auch für die Bearbeitung der Briefe verantwortlich zeichnet - durchaus auf.  (Barbara Wallner, DER STANDARD, 21./22.7.2012)