Die SPÖ gibt sich gerne kulturnah. Doch die aktuelle Diskussion um die Festplattenabgabe zeigt, wie gespalten die Sozialdemokratie in ihrer Haltung gegenüber den Kunstschaffenden ist - und wie leichtfertig manche Funktionärinnen und Funktionäre diese Beziehung aufs Spiel setzen.

Das Erstarken der Piratenpartei stellt Österreichs Sozialdemokraten natürlich vor eine schwierige Herausforderung, keine Frage. Wie sollen die Parteistrategen sicherstellen, dass die Piraten mit ihrer Vision eines rechtefreien Internets bei den kommenden Wahlen nicht zu einem Problem werden? Manche Sozialdemokraten schlagen dazu die Strategie ein, die SPÖ auf Piraten-Kurs zu bringen. Damit wollen sie offensichtlich der neuen Konkurrenz bei Wählern den Wind aus den Segeln nehmen.

So stellt sich die für Kulturpolitik zuständige SPÖ-Nationalrätin Sonja Ablinger gleich in mehreren Fragen gegen die Anliegen der Künstlerinnen und Künstler. In ihrem Positionspapier "Blogger aller Länder ...?" spricht sich Frau Ablinger dagegen aus, dass Kunstschaffende ihre Rechte als Urheber durchsetzen können. Kunstschaffende sollen freiwillig auf einen legitimen Teil ihrer Einnahmen verzichten, nur weil es technisch möglich geworden ist, das lästige Bezahlen der Leistung zu umgehen.

Den gleichen Piraten-Kurs schlägt die Kultursprecherin beim aktuellen Thema Festplattenabgabe ein. Gemeinsam mit der Arbeiterkammer, die unter ihrem Direktor Werner Muhm gerne die Nähe zur Kunst sucht, lehnt sie eine faire Abgeltung der Privatkopie künstlerischer Werke ab, die in Österreich im Jahr 1980 als "Leerkassettenvergütung" ausgehandelt wurde. Diese Form der Urheberrechtsabgabe ist an das Recht der Konsumenten auf privates Kopieren gekoppelt. Dass legal erworbene künstlerische Werke auch von Familienmitgliedern und dem engsten Freundeskreis ohne zusätzliche Bezahlung genutzt werden können, wird mit dieser Pauschalabgabe auf Leermedien bezahlt. Das eine gibt es nur mit dem anderen.

Die Ausdehnung der Leerkassettenvergütung auf Festplatten ist ein logischer Schritt, weil heute kein Mensch mehr auf Kassetten und kaum noch auf CDs oder DVDs kopiert, sondern nahezu alles auf Festplatten gespeichert wird. Wenn die Leerkassettenvergütung nicht auf zeitgemäße Speichermedien angewendet wird, dann muss konsequenterweise auch das Recht auf Privatkopie beendet werden.

Der Preis pro Festplatte ist nur ein kleiner Beitrag für den Einzelnen, der weder dem Handel noch den Konsumenten schadet: Die durchschnittlich 15 Euro pro Festplatte bringen jährlich 10 Mio. Euro - für mehr als 20. 000 bildende Künstlerinnen und Künstler, Musik- und Filmschaffende sowie Literatinnen und Literaten ist das eine unverzichtbare Einnahmequelle.

Auf der anderen Seite der SP-internen Diskussion stehen SP-Kulturministerin Claudia Schmied und SP-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny: Sie stellen sich hinter die Kunstschaffenden und treten für die Festplattenabgabe ein, weil sie die kulturpolitische Bedeutung dieser Abgabe erkennen.

Die SPÖ steht vor einer weitreichenden Entscheidung: Sie kann entweder die Kunstschaffenden unterstützen, damit sie von der massenweisen Missachtung ihrer Rechte weniger in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht werden. Oder sie kann sich gegen die Künstlerinnen und Künstler stellen, um Anonymus-Sympathisanten für sich zu gewinnen. Die beiden Haltungen sind jedenfalls nicht vereinbar.

Ob sich Ministerin Schmied und Stadtrat Mailath-Pokorny mit ihrer Haltung durchsetzen, ist offen. Am Ende dieses Prozesses werden Österreichs Kunstschaffende wissen, wie wichtig der SPÖ unter ihrem Parteivorsitzenden Werner Faymann die Beziehung zur Kunst tatsächlich ist.

In den Reihen der Kunstschaffenden bildet sich im Vorfeld dieser Entscheidung schon Unruhe: Bereits 2700 österreichische Künstlerinnen und Künstler haben sich zur Initiative "Kunst hat Recht" formiert, um auf das Recht auf faire Bezahlung künstlerischer Leistung aufmerksam zu machen.

Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht, für Leistung angemessen entlohnt zu werden. Nichts anderes fordern wir Kunstschaffende. Die Festplattenabgabe ist ein richtiges und zeitgemäßes Instrument dafür. Kunst hat Recht. (Thomas Dürer, Christian Kolonovits, Karl Markovics, Gerhard Ruiss, DER STANDARD, 19.7.2012)