Tripolis/Brüssel - In Libyen treffen nach der Bekanntgabe des vorläufigen amtlichen Endergebnisses der Parlamentswahlen und dem Sieg der moderatenKräfte die ersten Gratulationen ein. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach am Mittwoch von einem "eindrucksvollen Schritt nach vorne" und gratulierte zu der "ersten landesweiten Wahl seit fast einem halben Jahrhundert". Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle erklärte, "Millionen von Wählern haben mit ihrer Stimme den Grundstein für den demokratischen Aufbruch ihres Landes gelegt".

Noch am Mittwoch habe Westerwelle den Präsidenten des Nationalen Übergangsrates, Mahmoud Jibril, zur erfolgreichen Durchführung der Parlamentswahlen beglückwünscht und seine Unterstützung beim Aufbau eines demokratischen Rechtsstaates zugesagt, gab ein Sprecher bekannt.

Jibril-Allianz siegreich

Jibrils Allianz der Nationalen Kräfte ging mit 39 Sitzen als Sieger aus der Parlamentswahl hevor. Da lediglich 80 Sitze an Parteien vergeben wurden, während 120 unabhängige Kandidaten ins Parlament einzogen, sind die Mächteverhältnisse jedoch alles andere als klar. Erst in den nächsten Tagen wird sich zeigen, welche politische Strömung tatsächlich die Oberhand in der Nationalversammlung gewinnen kann.

Auf dem zweiten Platz landete laut Wahlkommission mit 17 Mandaten die Partei für Gerechtigkeit und Wiederaufbau der islamistischen Muslimbrüder. Die restlichen 24 Sitze gingen an rund 20 kleinere Parteien mit meist regionaler Basis.

Die beiden stärksten Kräfte warben am Mittwoch bereits um Unterstützung der kleineren Parteien und unabhängigen Abgeordneten, um eine Zwei-Drittel-Mehrheit zu erreichen, die in der Versammlung zur Verabschiedung wichtiger Beschlüsse notwendig ist. Die Nationalversammlung löst den bisher regierenden Nationalen Übergangsrat ab. Sie soll eine neue Übergangsregierung bestimmen und das Land bis zur Verabschiedung einer neuen Verfassung führen.

33 Frauen im Parlament

Die Allianz der Nationalen Kräfte ist ein Zusammenschluss von rund 60 Parteien und Politikern und tritt für einen moderaten Islam, wirtschaftliche Liberalisierung und eine Öffnung zum Westen ein. Jibril strebt die Bildung eines noch breiteren Bündnisses an. Allerdings äußerte sich auch der Vorsitzende der Islamisten, Mohammed Sawan, zuversichtlich, Unabhängige für sich gewinnen zu können: "Wir denken, wir können zwischen 60 und 70 Sitzen erreichen ... wir sind bereit, mit jeder Partei zu kooperieren, die dem Land dienen will", sagte nach Verkündung des Ergebnisses.

Im neuen Parlament werden auch 33 Frauen vertreten sein. Dies entspricht 16 Prozent der Sitze. Ermöglicht wurde dies durch eine Regelung, die alle Parteien verpflichtete, abwechselnd Männer und Frauen auf ihre Listen zu setzen. Laut der Wahlkommission lag die Wahlbeteiligung bei rund 62 Prozent. Parteien und Politiker haben nun zwei Wochen Zeit, um Widerspruch gegen die Ergebnisse einzulegen. (APA/Reuters, 18.7.2012)