Eisige Kälte, heftige Winde, Schnee- und Sandstürme, aber vor allem atemberaubende Aussichten, unzählige Glücksmomente und unendliche Gastfreundlichkeit hatten die Wochen in den Anden zu bieten. Am Ende unserer Wanderung durch die argentinische Berglandschaft möchten wir unsere Erlebnisse mithilfe von Bildern teilen.

Nach zwei Monaten in der Pampa erschien in weiter Ferne plötzlich die mächtige Gebirgskette und wenige Tage später standen wir schon davor. Endlich gab es wieder frisches Quellwasser, Wald, tägliche Abwechslung, aber auch Anstrengung.

Foto: Rowin Höfer

Gleich der erste Aufstieg führte durch eine völlig neue Landschaft - ein wilder Gebirgsbach, umgeben von dichtem Dschungel. Neben kleinen Pkws zogen auch Lastwägen und Reisebusse die teils enge Straße hinauf und schienen sich oft noch mehr zu plagen als wir.

Foto: Rowin Höfer

Oben wartete dafür ein weites Plateau mit einem See, zwei netten Ortschaften und noch höheren Bergen. Die Gegend rund um Tafi del Valle wird wegen der umwerfenden Landschaft stark touristisch genutzt und selbst in dieser kalten Zeit waren wir bei weitem nicht die einzigen Reisenden hier.

Foto: Rowin Höfer

Auf etwa 3000 Metern hatten wir dann den Pass erreicht, wonach es wieder lange bergab ins Valle Chalchaquies ging. Frisches Brot, Handgemachtes und Streichellamas werden an diesem Aussichtspunkt von einheimischen Familien feilgeboten. Innerhalb der nächsten Wochen bekamen wir aber auch einige Guanakos, wilde Verwandte des Lamas, zu Gesicht.

Foto: Rowin Höfer

Die Route 40 führt durch das gesamte Tal und ist Teil des Panamerican Highways. Im Süden erreicht diese Straße nach über 4000 Kilometern Feuerland, in der entgegengesetzten Richtung wartet das verschneite Alaska. Ganz soweit folgten wir ihr nicht - an die 400 Kilometer aber immerhin.

Foto: Rowin Höfer

Stachelige Kakteen in verschiedenen Variationen bedecken hier oben die Erde. Im Hintergrund fließt der sandige Rio Calchaquí durch bizzar geformte und gefärbte Berge.

Foto: Rowin Höfer

Seit der ersten Ortschaft im Tal waren wir zu dritt unterwegs. Einer der unzähligen freilaufenden Hunde stellte sich als treuer und fitter Begleiter heraus und wich uns seither nicht mehr von der Seite. Er wartete stets auf uns Schnecken und wachte bei Nacht vor dem Zelt. Nach etwa einer Woche wurde es unserem Amigo aber doch zu anstrengend - er blieb im nächsten Ort zurück, wo er sicher eher Fleisch zwischen die Zähne bekommt.

Foto: Rowin Höfer

Am Weiterweg lag auch das "Monumento Natural Angostaco" mit seinen beeindruckenden Felsen. Regen und Wind leisten hier seit Jahrtausenden harte Arbeit und kamen auch an diesen Tagen nicht zur Ruhe.

Foto: Rowin Höfer

Dafür wurden wir in dieser Höhe stets mit ruhigen Nächten und klarem Sternenhimmel belohnt. Die Freude am Draußensein wurde immer intensiver.

Foto: Rowin Höfer

Das Verkehrszeichen ist zum Glück eine grobe Übertreibung - kein Fahrzeug könnte diese Steigung bewältigen. Zu Fuß wären wir da noch besser dran.

Foto: Rowin Höfer

Bei den vielen Bachüberquerungen liegen jedoch Autofahrer klar im Vorteil. Nicht immer kamen wir so locker und trocken über das Wasser. Nasse Schuhe, Socken und Füße waren bei Tag kein Problem, doch sobald die Temperaturen nach Sonnenuntergang in den Minusbereich sanken, wurden zu kreuzende Bäche zu ernsten Hindernissen.

Foto: Rowin Höfer

Am Ende des Tals muss einer der höchsten Pässe Südamerikas bewältigt werden, um die Hochwüste zu erreichen. Der geringe Sauerstoffanteil in der Luft machte die 1000 Höhenmeter zu den anstrengendsten unseres Lebens. Die letzten Kilometer konnten wir nur im Rhythmus "hundert Meter gehen, eine Minute Pause, hundert Meter gehen, eine Minute Pause" bestreiten. Nach sieben Stunden und 20 Kilometern erreichten wir die Passhöhe.

Foto: Rowin Höfer

Und so sehen zwei Wanderer aus, die den 4895 Meter hohen Abra el Acay hinter sich haben: Aufgebrannte Lippen, müde Augen und zerzaustes Haarbwohl - obwohl letzteres keine Besonderheit ist.

Foto: Rowin Höfer

Das auf fast 4000 Meter gelegene Örtchen San Antoni de los Cobres zählt mit fünfeinhalbtausend Einwohnern zu den größten weit und breit. Es bot sich als gute Rastmöglichkeit für uns an. Dem Namen verdankt der Ort den beachtlichen Kupfervorkommen in der Gegend, die seit Jahrzehnten aus dem Berg geplündert werden. San Antonio ist weiters als Endstation des "Tren a las Nubes" bekannt: Die wohl höchste Bahnstrecke der Welt, die dem Namen nach bis in die Wolken führt, ist heute nur noch für Touristen befahrbar - früher war sie das wichtigste Transportmittel für verschiedenste Bergbauprodukte.

Foto: Rowin Höfer

Als nächstes ging es durch die Puna Nordargentiniens, um danach Chile zu erreichen. Dabei stellte die Schotterpiste durch die Wüste schon bei guten Bedingungen eine große Herausforderung dar. Denn neben endlosen Flächen mussten gleich vier Gebirgspässe mit jeweils über 4400 Metern bewältigt werden. Die nächsten Tage forderten uns somit wieder ordentlich, doch der Anblick der mächtigen Berge, der unendlichen Weiten und der Salzbecken entschädigte wie immer für jegliche Anstrengungen.

Foto: Rowin Höfer

Und es herrschte Narrenfreiheit, denn die Strecke über den Paso Sico ist eine sehr entlegene und unbefahrene Straße, die schätzungsweise von höchstens zwei Fahrzeugen am Tag bestritten wird. Durch die Abgeschiedenheit waren wir aber auch gezwungen, haufenweise Mundvorrat mit uns zu schleppen, weil es im Abstand von mindestens 150 Kilometern kein bewohntes Dorf und somit auch keine Nahrungsquelle gab.

Foto: Rowin Höfer

Neben Reisenden wie uns treibt es aber auch Leute mit ganz anderen Interessen in diese früher unberührte Gegend. Zwischen Bolivien, Chile und Argentinien gibt es eines der größten Vorkommen an Lithium, das selbstverständlich auch abgebaut wird. Dies geschieht in sogenannten Salaren, wo stark mineralhaltiges Grundwasser in große Becken gepumpt und verdunstet wird. Dass dieser Vorgang in einem ohnehin sehr trockenen Teil der Erde zu Problemen führt, kann sich wohl jeder Mensch vorstellen. Trotzdem wird weiter Wasser verschwendet, Lithium-Staub in bewohnte Dörfer geweht und die Wildnis in Industriegebiete umgewandelt (siehe auch: "Was Füchse und Lamas mit Handys zu tun haben")

Foto: Rowin Höfer

Neben heftigen Gegenwinden, die täglich zur Mittagszeit fast orkanartige Stärke annahmen, kam eines Morgens auch noch Schneefall dazu. Die Landschaft war bereits weiß gefärbt, als wir aus dem Zelt stiegen, und wirkte dadurch noch ein Stück magischer. Im kältesten Monat des Jahres waren wir auf solche Bedingungen jedoch gut eingestellt und konnten das Schauspiel der Natur fast sorglos genießen.

Foto: Rowin Höfer

Nach fast 2000 Kilometern durch Uruguay und Argentinien hatten wir die Grenze zu Chile erreicht, was wir mit wilden Luftsprüngen feierten. Planmäßig lagen aber noch weitere vier Tagesmärsche durch ebenso schwieriges Terrain bis zur ersten Siedlung vor uns. Wir wollten bis nach San Pedro und weiter durch die trockene Atacama-Wüste gehen, doch schon wenige Kilometer nach der Grenze zogen uns die Carabineros Chilenos einen Strich durch die Rechnung. Sie schickten uns unverzüglich zurück nach Argentinien, da ausgerechnet ab diesem Tag sämtliche Grenzübergänge nach Chile wegen meterhoher Schneewächten auf unbegrenzte Zeit geschlossen wurden.

Foto: Rowin Höfer

Uns blieb also nichts anderes übrig, als wieder nach Argentinien einzureisen und zu warten. Wir taten es in einem winzigen Bergdorf Namens Catua, das vielleicht 350, dafür aber ausschließlich hilfsbereite und gastfreundliche Einwohner zählt. So bekamen wir durch den Umstand der Passsperre einen weiteren Einblick in das Leben der Andenbewohner und erfuhren von ihrer selbstlosen Barmherzigkeit. Diese Familie bot uns Obdach und drei Mahlzeiten am Tag - Lamafleisch konnten wir jedoch erfolgreich ablehnen.

Foto: Rowin Höfer

Auch die vielen entzückenden Kinder machten die Tage einzigartig. Besonders als sich selbst die schüchternsten an uns zwei fremden Europäer gewöhnten und nicht mehr von uns wichen. Das Warten schien wegen anhaltenden Schneefalls kein Ende zu nehmen. Da auch der nahe gelegene Paso de Jama geschlossen war, beschlossen wir den ersten Teil unserer Südamerikawanderung hiermit zu beenden. Weiter geht es nun im nördlichen Teil des Kontinents. (Rowin Höfer, Marvin Fritz, derStandard.at, 19.7.2012)

Foto: Rowin Höfer