Der zweitplatzierte Jamie Jones (li.) und der Gewinner der Vienna Snooker Open, Simon Bedford.

Foto: Michael Mairhofer

Jamie Jones: "Ich will Weltmeister und Nummer eins werden."

Foto: Michael Mairhofer

Wien - Vom 12. bis 15. Juli fand die bereits zweite Auflage der "Vienna Snooker Open" statt. Die erste Austragung im Jahr 2010 konnte die derzeitige Nummer acht der Welt, Stephen Lee, für sich entscheiden. Das Einladungsturnier, bei dem Profis gegen Amateure um Punkte am Snooker-Tisch kämpfen, ist kein Weltranglisten-Turnier, es wird um Preisgeld gespielt. Auch dieses Jahr fanden einige namhafte Snooker-Profis den Weg nach Wien. derStandard.at war vor Ort und hat sich mit dem Waliser Jamie Jones unterhalten, der bei der Snooker-Weltmeisterschaft 2012 überraschend das Viertelfinale erreichte und als eines der größten Talente im Snooker-Sport gilt. Jones musste sich übrigens im Wiener Finale dem Engländer Simon Bedford geschlagen geben.

derStandard.at: Mit 14 Jahren erzielten Sie bei einem offiziellen Turnier ein Maximum Break. Wann sind Sie das erste Mal mit Snooker in Berührung gekommen?

Jones: Mein Onkel hatte einen Snooker-Tisch in seinem Haus. Als ich fünf oder sechs Jahre alt war, bin ich regelmäßig zu ihm gegangen, um auf dem Tisch zu üben. Mit neun Jahren bin ich dann immer wieder zu den Snooker-Lokalen im Ort gegangen, wo ich auch viel gespielt habe. Am Anfang war ich meistens mit meinem Vater dort und bin dann nach einer Weile immer besser geworden.

derStandard.at: Sie haben bei der Snooker-Weltmeisterschaft 2012 das Viertelfinale erreicht. In der ersten Runde schlugen Sie zur Überraschung vieler die Nummer sechs der Welt, Shaun Murphy. In der zweiten setzten Sie sich gegen die Nummer 18 der Welt, Andrew Higginson, mit 13:10 durch. Im Viertelfinale war dann gegen Allister Carter Schluss, der sich erst im Finale Ronnie O'Sullivan geschlagen geben musste. Was war Ihr Erfolgsrezept bei diesem Turnier?

Jones: Ich war einfach nur sehr glücklich, dass ich mich überhaupt für das Turnier qualifiziert habe, um einfach mal diese Erfahrung zu haben. Als ich erfahren habe, dass ich gegen Shaun Murphy spiele, war ich eigentlich froh, dass ich dort gegen einen ehemaligen Weltmeister spielen kann. Ich bin also einfach nur hingegangen, um das Spiel zu genießen und eine gute Leistung abzuliefern. Natürlich habe ich im Vorfeld nicht an einen Sieg gedacht, im Verlauf des Spiels ist mir dann aber durch den Kopf gegangen: "Moment, ich kann hier gewinnen!" So habe ich einfach weitergespielt und auch gewonnen. Natürlich ist es eine tolle Leistung, dass ich bis ins Viertelfinale gekommen bin, aber mir war die Erfahrung, überhaupt einmal bei einer Weltmeisterschaft zu spielen, wichtiger.

derStandard.at: Auf Youtube gibt es ein Video aus dem Jahr 2001 von einem Spiel zwischen Ronnie O'Sullivan und Ihnen. Sie waren zum damaligen Zeitpunkt erst 13 Jahre alt und haben sich bereits wie ein absoluter Profi verhalten, der noch nie etwas anderes gemacht hat. Aber jetzt einmal ehrlich, was ist in Ihrem Kopf vorgegangen? 

Jones: Ich konnte meine besten Leistungen immer vor einem größeren Publikum abrufen. Vielleicht bin ich ja ein bisschen ein Angeber. Außerdem bin ich recht gut darin, meine Nervosität zu verbergen. Aber mir ist schon aufgefallen, dass ich am besten spiele, wenn ich unter großem Druck stehe.

derStandard.at: O'Sullivan ist wohl der bekannteste Snooker-Spieler der Welt, aber auch einer, der nicht nur durch seine sportlichen Leistungen auffällt. Wie ist er eigentlich abseits des Rampenlichts?

Jones: Ich habe zwar schon ein paar Mal mit ihm geplaudert, trotzdem kenne ich ihn nicht wirklich. Er ist ein sehr ruhiger Mensch, der sich bei den Veranstaltungen hauptsächlich mit seinen eigenen Leuten umgibt und nicht viel mit anderen Snooker-Spielern macht. Ich glaube auch, dass nur sehr wenige Leute ihn gut kennen.

derStandard.at: Und wie ist es, gegen ihn zu spielen?

Jones: Nach den paar Spielen gegen ihn kann ich sagen, dass es eine absolute Freude ist, ihm zuzuschauen. Er ist einfach verdammt gut. Manche sagen ja auch, dass er der beste Spieler aller Zeiten ist. Ich kann nur sagen, dass es ein Genuss ist, ihm beim Spielen zuzusehen, weil er einfach so viel Talent hat.

derStandard.at: Die derzeitige Nummer zwei der Welt, Judd Trump, ist 22 Jahre jung, Sie sind erst 24. Würden Sie sagen, dass die Snooker-Profis immer jünger werden? Ist das eine Art Trend?

Jones: Es gibt eine Vielzahl an sehr guten jungen Spielern. Aber es gibt ja auch noch Snooker-Größen wie Ronnie O'Sullivan und Mark Williams, die sich in ihren späten Dreißigern befinden und noch Spitzenmatches spielen. Ich würde also nicht sagen, dass die Profis immer jünger werden. Es gibt aber sehr viele junge Talente.

derStandard.at: Und wo liegt für Sie der Hauptgrund, dass es im Moment so viele aufstrebende Talente gibt?

Jones: Ich denke, dass das Niveau im Moment sehr hoch ist. Es kommt auch noch dazu, dass Snooker in China und manchen europäischen Ländern boomt. Der Sport ist im Moment einfach sehr populär. Und durch das hohe Spielniveau werden die Jungen einfach besser.

derStandard.at: Snooker ist ein Sport, der von der mentalen Stärke abhängt. Was machen Sie vor einem wichtigen Spiel, um Ihren Kopf freizubekommen? 

Jones: Ich gehe meistens ins Fitnesscenter. Einfach um mich vom anstehenden Spiel abzulenken.

derStandard.at: Es soll ja auch Sportler geben, die sich vor der PlayStation vorbereiten.

Jones: Also ich kann dem nichts abgewinnen.

derStandard.at: Und wie versuchen Sie während des Spiels konzentriert zu bleiben?

Jones: Das ist wirklich schwer. Ich versuche einfach, bei jedem Stoß 110 Prozent zu geben.

derStandard.at: Was geht eigentlich in Ihrem Kopf vor, wenn Sie Ihren Gegner dabei beobachten müssen, wie er Punkte sammelt?

Jones: Du verbringst viel Zeit in dem Sessel und musst einfach versuchen, konzentriert zu bleiben. Ich sage mir dann auch oft im Kopf: "Bitte verschieß den nächsten, bitte verschieß den nächsten."

derStandard.at: Was fasziniert Sie eigentlich an Snooker?

Jones: Ich bin ein Mensch, der immer den Wettbewerb sucht, und beim Snooker ist der Konkurrenzkampf sehr groß. Jede Woche scheint es so, als würde es neue Gewinner geben. Ich glaube, dass es da nichts Vergleichbares gibt.

derStandard.at: Sie stammen aus Wales, was für eine Bedeutung hat Snooker dort?

Jones: Wales ist ein Land voller Täler und kleiner Dörfer, das schon sehr viele gute Spieler hervorgebracht hat. Es gibt dort wirklich viele Snooker-Lokale, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Ich würde schon sagen, dass Snooker ein sportlicher Teil von Wales ist.

derStandard.at: Sie gelten als großes Talent, das noch eine große Zukunft vor sich hat. Ist das nicht auch eine Belastung?

Jones: Vielleicht. Da ich bereits als Junior sehr gut gespielt habe, begleitet mich das schon durch meine gesamte Karriere. Aber Leute können sagen, was sie wollen, ich versuche einfach, mein Ding zu machen.

derStandard.at: Haben Sie eigentlich ein Vorbild?

Jones: Ich habe eigentlich immer schon zu Stephen Hendry aufgeblickt.

derStandard.at: Sie sind jetzt 24 Jahre alt, was sind Ihre Ziele?

Jones: Ich will Snooker-Weltmeister und Nummer eins werden. (Daniel Koller, derStandard.at, 16.7.2012)