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Russlands Außenminister Lawrow attackiert den Westen.

Foto: Reuters/Sinyakow

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Eine Frau in Tremseh hält ihr Kind vor ihrem zerstörten Haus. Bei einem Angriff der Armee in der zentralsyrischen Ortschaft sollen 150 Menschen getötet worden sein.

Foto: AP/dapd/Shaam News Network, SNN

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Ein in einem Privathaus in Homs verschanzter Aufständischer schießt durch ein Loch in der Hauswand.

Foto: Reuters/Homsy

Moskau/Damaskus/Beirut - Russland hat dem Westen im Bemühen um eine UNO-Resolution zu Syrien "Erpressung" vorgeworfen. "Zu unserem großen Bedauern stellen wir Elemente von Erpressung fest", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag vor Journalisten in Moskau. Der Westen habe Russland damit gedroht, eine Verlängerung des Mandats für die UNO-Beobachtermission in Syrien zu verweigern, sollte Russland eine UNO-Resolution mit der Androhung von Sanktionen nicht unterstützen. Dies sei eine "gefährliche Vorgehensweise".

Zugleich wies Lawrow Hoffnungen als unrealistisch zurück, Russland könne den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad von einem Rücktritt überzeugen. "Es ist einfach unrealistisch, er wird nicht zurücktreten", sagte der russische Außenminister. "Wir unterstützen Bashar al-Assad nicht", so Lawrow. Vielmehr unterstütze Russland den Friedensplan von Kofi Annan und die Beschlüsse der Genfer Konferenz vom 30. Juni für eine Übergangsregierung in Syrien mit Vertretern aller Konfliktparteien. Lawrow forderte erneut die Führung in Damaskus sowie die Regierungsgegner auf, sofort die Gewalt einzustellen.

Im Bemühen um ein geschlossenes Auftreten der internationalen Gemeinschaft im Syrien-Konflikt traf der Sonderbeauftragte Kofi Annan am Montag zu Gesprächen in Moskau ein. Am Dienstag will UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon zu Gesprächen nach China reisen. Am Veto Russlands und Chinas waren bisher zwei UNO-Resolutionen zu Syrien gescheitert, mit denen der Westen den Druck auf Assad erhöhen wollte.

Kämpfe in Damaskus

In der syrischen Hauptstadt Damaskus haben die Gefechte zwischen Regierungstruppen und Aufständischen am Montag angehalten. Die Armee habe das Viertel Tadamon in Damaskus unter Beschuss genommen, erklärten die oppositionellen Örtlichen Koordinationskomitees (LCC). In den Vierteln Kafar Souseh und Jobar habe es schwere Gefechte zwischen den Regierungstruppen und der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee (FSA) gegeben. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, dass erstmals Panzer im historischen Stadtviertel Midan Stellung bezogen hätten.

Damaskus war am Sonntag nach Angaben von Aktivisten von den schwersten Kämpfen seit Beginn der Rebellion im März 2011 erschüttert worden. Bewohner berichteten am Montag, die Stadt sei am Sonntagabend ein "regelrechtes Schlachtfeld" gewesen. Am Montag wurden auch aus anderen Landesteilen neue Gefechte gemeldet, darunter die Städte Qatana und Homs sowie die Regionen von Aleppo, Hama und Deir Ezzor.

Die regierungsnahe syrische Zeitung "Al-Watan" titelte am Montag im Hinblick auf die Opposition: "Damaskus werdet ihr nie bekommen." Sicherheitskräfte seien mit Unterstützung der Armee seit 48 Stunden im Einsatz, um die "terroristischen Banden" zu bekämpfen.

Muslimbruderschaft sieht Assads Ende nahen

Die oppositionelle Muslimbruderschaft erklärte, die Kämpfe hätten bereits mehrere Viertel in der Innenstadt erreicht. Die Islamisten werteten das als Zeichen dafür, dass der Sturz des Regimes nicht mehr lange auf sich warten lassen werde. Sie riefen die Bewohner von Damaskus auf, Straßen zu blockieren und Brandbomben auf Fahrzeuge der Sicherheitskräfte zu werfen.

Regimegegner meldeten zudem heftige Gefechte aus den Provinzen Hama und Aleppo. Im Umland von Aleppo seien vier Kämpfer der "Revolutionäre" getötet worden, meldete die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter.

IKRK: Bürgerkrieg hat sich ausgeweitet

Der Bürgerkrieg in Syrien hat sich nach Einschätzung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) ausgeweitet. Es werde inzwischen an mehr Orten gekämpft als noch vor einigen Wochen. Bisher hatte das IKRK vor allem die Gegenden um Idlib, Homs und Hama als Gebiete mit bewaffneten Kämpfen bezeichnet. "Das heißt aber nicht, dass wir nun sagen, das ganze Land sei inzwischen vom Bürgerkrieg erfasst", sagte IKRK-Sprecher Alexis Heeb am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Die Einschätzung des IKRK zur aktuellen Situation in den syrischen Kampfgebieten sei am Wochenende in manchen Medienberichten "anders interpretiert" worden. "Wir meinen, dass Teile Syriens unter einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt leiden. Das haben wir aber bereits im April gesagt." Die Situation sei "fließend": Während einige Gebiete scheinbar zur Ruhe gekommen seien, würden in anderen plötzlich Kämpfe ausbrechen.

Das IKRK geht nach Angaben des Sprechers davon aus, dass an allen Orten Syriens, an denen es zu Kämpfen kommt, das humanitäre Völkerrecht und die Bestimmungen der Genfer Konvention anzuwenden seien. Das bedeute, dass alle bewaffneten Gruppen die internationalen Regeln der Kriegsführung akzeptieren und insbesondere Zivilisten verschonen und schützen müssen. 

Österreichische Botschaft nicht betroffen

Die österreichische Botschaft in Damaskus war von den schweren Kämpfen nicht betroffen. Das bestätigte der Sprecher des Außenministeriums, Nikolaus Lutterotti, auf Anfrage der APA. Das Botschaftspersonal habe zwar Artilleriebeschuss gehört, die Entfernung habe jedoch etwa vier bis fünf Kilometer betragen.

Syrien und Marokko haben unterdessen am Montag gegenseitig ihre Botschafter des Landes verwiesen. Zunächst erklärte Rabat den syrischen Botschafter Nabih Ismail zur "persona non grata". Er sei aufgefordert worden, das Königreich zu verlassen, teilte das marokkanische Außenministerium mit. Als Reaktion auf diesen Schritt erklärte Syrien den in Damaskus akkreditierten marokkanischen Botschafter für unerwünscht, wie der Außenamtssprecher Jihad Makdissi über den Internet-Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte.

Marokko verfolge mit "großer Sorge" die Gewalt in Syrien, durch die bereits 20.000 Menschen getötet worden seien, hieß es in der Mitteilung des Außenministeriums in Rabat weiter. Syrische Menschenrechtsaktivisten geben die Zahl der Toten seit Beginn der Rebellion im März 2011 bisher mit mehr als 17.000 an. (APA/Reuters, 16.7.2012)