Ossiach - Der aufkommende Regen passt zur Stimmung. "Nächstes Mal stellen Sie eine Schlee-Puppe auf", raunt Thomas Daniel Schlee, Intendant des Carinthischen Sommers (CS), in einer Mischung aus Selbstironie und Verzweiflung seinem Mitarbeiter zu. Ein sehr überschaubarer Prominententross zieht gerade an einer Handvoll Zaungäste zur Eröffnung des Carinthischen Sommers in den Alban-Berg-Saal ein.

Die Bürgermeister von Ossiach und Villach - den beiden CS-Hauptaustragungsorten - beschwören den kulturellen und touristischen Mehrwert des Festivals. Doch die Ära der Kirchenopern, Alleinstellungsmerkmal des CS, endet heuer aus budgetären Gründen.

Gewisse Traditionen werden in Ossiach aber auch im 43. Jahr des CS eingehalten. Etwa dass Kulturlandesrat Harald Dobernig der Eröffnung fernbleibt. Er mag Kärntens renommiertestes Kulturfestival offenbar nicht: Vom Land gibt es heuer um 50.000 Euro, 2013 und 2014 jeweils um 100.000 Euro weniger. Bei einem Gesamtbudget 2012 von rund 1,6 Millionen Euro, davon 1,045.753 Euro aus öffentlicher Hand, steuert Kärnten 434. 000 Euro bei: für ein sechswöchiges, ambitioniertes Programm mit 45 Veranstaltungen, darunter drei Kirchenopern-Aufführungen sowie sechs Konzerten der Reihe CS Alternativ; mit MusikTheaterTagen für Kinder, Ur- und österreichischen Erstaufführungen.

Der Kultur- und Finanzlandesrat in Personalunion braucht das Geld für Kärntens Tourismus-Hotspot: Soeben hat er dem sechstägigen Beach Volley Ball Grand Slam am Wörthersee 420.000 Euro auf weitere vier Jahre zugesichert.

Der Effekt auf die Tourismusbranche ist direkt messbar: 18.000 Nächtigungen am Campingplatz, 85.000 in den umliegenden Betrieben, 100. 000 Anmeldungen für Boardingpässe. Gegenüber dem Wörthersee und seinen weißen, heißen Starnächten ist der Ossiacher See trotz exklusiver Hochkultur fremdenverkehrsberuhigte Zone. Schlee freute sich im Vorjahr bei 85 Prozent Auslastung über rund 15.000 Besucher.

Zumindest einer, auch das ist Tradition, zollt dem Festival jedes Jahr Respekt: Bundespräsident Heinz Fischer betonte in seiner Eröffnungsrede, in der Kunst sei Qualität, nicht Quantität entscheidend, Förderung dürfte nicht von breiter Zustimmung abhängig gemacht werden. Er war mit seiner Frau nach Ossiach gekommen, obwohl Österreichs Prominenz zur gleichen Zeit eine Klassenfahrt an einen anderen See, nämlich den Neusiedler See, unternahm, wo mit einer vom ORF live übertragenen Fledermaus Harald Serafins Abschied aus Mörbisch zelebriert wurde. Vielleicht sehnt sich ja auch Schlee ein Ende seiner Intendanz und seines - weitgehend unbedankten - Kulturkampfes herbei. Zur Eröffnung sprach er nicht.

Die Lage sei unverändert trist, ließ er ausrichten. Und schwieg. (Andrea Schurian, DER STANDARD, 14./15.7.2012)