Es ist schwer zu entscheiden, was mehr auf der noch keinen Monat alten griechischen Regierung lastet - das Kalkül und die Unehrlichkeit ihrer Koalitionäre oder die Gleichgültigkeit der Europäer gegenüber den Griechen: Wenn sie den Sparkurs schaffen, ist es gut; wenn nicht, können wir auch nichts mehr tun, so klingt es.

Der ungeregelte Bankrott des Landes und seine Hinauskomplimentierung aus der Eurozone sind das Szenario für die Zeit nach dem Sommer. Die harte Haltung der Finanzminister der Zahlerstaaten in der EU mag auch ein wenig gespielt sein, die meuchelnden Bemerkungen, die vor allem in Berlin gern fallengelassen werden, Teil des psychologischen Drucks auf Griechenland sein. Doch Tatsache ist, dass die Regierung von Antonis Samaras ihre Arbeit ohne Vertrauensbonus der Kreditgeber begonnen hat. Die Griechen haben die rote Linie erreicht.

Auch im Land nagt ein zerstörerischer Zweifel. Ein Drittel hält es für denkbar bis wahrscheinlich, dass diese Regierung einen Weg aus der Finanz- und Wirtschaftskrise findet, ergab dieser Tage eine Umfrage. Die große Mehrheit aber hat aufgegeben. Sie sieht anderes kommen: den Bruch mit Brüssel, eine soziale Revolution. Die Koalitionäre in Athen haben deshalb das Ende stets vor Augen. Schon klagen Pasok und Demokratische Linke über den Entscheidungsprozess der Regierung, in die sie ja keine Minister abstellen wollten. Samaras steht ziemlich allein da. (Markus Bernath, DER STANDARD, 14.7.2012)