Bei Dorfrichter Adam (Andreas Patton) ist so einiges in die Hose gegangen. Glücklicherweise ist Schreibergehilfe Licht (Stefan Lasko) an seiner Seite.

Foto: Theatersommer Haag

Haag - Warum Kleist? Das wird sich mancher gefragt haben. Eine merkwürdige Wahl als Sommertheater. Ist doch Der zerbrochne Krug nicht gerade bekannt für seine fröhlich-sommerliche Leichtigkeit. Trotzdem scheint das Thema passend, immerhin steht der Gerichtsstandort Haag vor der Schließung. Und so erscheint plötzlich der Gerichtsrat Walter (Johannes Gabl) vor der Tür des Dorfrichters Adam (Andreas Patton), frisch aus Waidhofen eingetroffen, dessen Gericht ebenfalls geschlossen werden soll, und spricht von Strukturmaßnahmen und Einsparungen. Und das just in dem Moment, als Adam einen Fall verhandeln soll, in dem er selbst der Täter ist.

Wer zweifelte, ob Kleist die richtige Wahl war, wird eines Besseren belehrt: Ohne jede unnötige Ehrfurcht vor dem großen Klassiker inszeniert Regisseurin Susi Weber das Lustspiel als Klamauk, baut ungeniert Slapstick-Elemente ein und scheut sich nicht vor Textänderungen, ohne das Original zu verfälschen. Noch bevor das erste Wort gesprochen wird, leert Diener Hans (Stephan Bartunek) in Unterhosen eine Dose Bier und raubt dem schäbig-kargen Gerichtssaal im Sechzigerjahrestil von vornherein jede Ehrwürdigkeit.

Tolles Ensemble

Die Nestroy-Preis-Träger Andreas Patton, hinreißend als widerlich-zotiger Dorfrichter, und Franziska Hackl als naive und von den Verhältnissen sichtlich überforderte Eve sind Teil einer rundherum gelungenen Besetzung: Babett Arens als unaufhaltsam zeternde Marthe, Besitzerin des titelgebenden Kruges, und der etwas einfältige Ruprecht (Hannes Perman), der sich von Eve gehörnt glaubt, rauben dem zunehmend verzweifelten Gerichtsrat jeden Nerv.

War der glatte Anzugträger im Geiste von Korrektheit und Effizienzsteigerung hierhergekommen, muss er nun fassungslos mitansehen, wie hier Recht gesprochen, gebrochen und gebogen wird. Auch der hehre Wahlspruch "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", der in goldenen Lettern über dem Richterstuhl prangt (Bühne: Luis Graninger), ist solchen Zuständen nicht gewachsen. Als Adam mit einem Hammerschlag die Verhandlung eröffnet, purzeln die Buchstaben von der Wand und werden später von Hans prophetisch falsch zusammengesetzt. Was am Schluss daraus wird? Siehe Titel. (Barbara Wallner, DER STANDARD, 14./15.7.2012)