"Rot-Grün heißt Chaos und Anarchie!", donnert eine "Funktionärsfibel" der ÖVP. Na ja, wenn man sich die Parkpickerl-Misere in Wien ansieht, dann heißt Rot-Grün eher Pallawatsch.

Die ÖVP muss versuchen, irgendwie wieder einen Fuß auf den Boden zu bekommen. Sie kriegt voll die Watschen für das gewaltige Korruptions-Erbe der schwarz-blauen Regierung (während sich die FPÖ abputzen kann). Gleichzeitig muss sie sich strategisch positionieren.

Rot-Grün ist zwar eine sehr unwahrscheinliche Mehrheit bei der nächsten Wahl, aber es könnte auf Rot-Schwarz-Grün hinauslaufen (müssen), und da besteht natürlich die Gefahr, dass Rot und Grün bei ihren Kampfthemen (z. B. Vermögenssubstanzsteuer) die ÖVP in die Zange nehmen. Da muss man sich bei eher bürgerlichen Wählern (und die sind ja auch bei den Grünen nicht zu knapp vertreten), schon positionieren.

Die Tragikomödie dabei ist, dass die ÖVP-Kampfabteilung dabei meint, auf das alte dumpf-konservative Vokabular zurückzugreifen müssen: "Bei Rot-Grün ist es mit Recht und Ordnung vorbei". Geht's noch? "Ja zu Österreich heißt Nein zu Rot-Grün" - das klingt wie zur Waldheim-Zeit, als alle Kritiker des vergesslichen ÖVP-Präsidentschaftskandidaten als vaterlandslose Gesellen denunziert wurden. So kann die Volkspartei höchstens ihre komatösen Kernschichten wiederbeleben, aber niemals moderne Bürgerliche gewinnen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 13.7.2012)