Stürzender Raum im Stifthof: Ursprünglich bezieht sich Alan Cicmaks Stahlskulptur auf einen Gebäudekomplex von La Défense in Paris.

Foto: Ch. Aigner

Ossiach - Mit dem Carinthischen Sommer haben die Ausstellungen im und ums Stift Ossiach offensichtlich wenig zu tun, genau genommen gar nichts. Weshalb dessen Intendant Thomas Daniel Schlee auch nicht zur Eröffnung kommt. Das ist bedauerlich in einer Region, in der jede ernstzunehmende kulturelle Äußerung die Ermutigung der anderen Kulturarbeiter braucht. Doch andererseits ist es auch verständlich:

Schlee wird das Leben seitens der Politik ein ums andere Jahr schwerer gemacht. Neben Budgetkürzungen ist er zum Untermieter des Stiftes degradiert, das dem Land gehört. Die von Jörg Haider begründete Carinthische Musikakademie (CMA) sieht Schlee nicht als Bereicherung, sondern als ungeliebte Konkurrenz im Kampf um Fördermittel.

Nun ist es aber die CMA, die im Auftrag der Landesregierung die Kuratorinnen Silvie Aigner und Ulli Sturm mit der allsommerlichen Kunstschau betraut hat. Heuer bespielt das Kuratorinnenduo die Außenräume des Stiftes mit einem äußerst feingestimmten Konzert der Skulpturen. Kenntnisreich, mit Gespür für Zwischentöne und Paukenschläge, für Verfasstheiten von Orten und Dimensionen dirigieren sie 15 österreichische (oder in Österreich lebende) Künstlerinnen und Künstler in einem skulpturalen Platzkonzert durch Stiftvorgärten und Innenhöfe.

Präzise und weithin sichtbar bohrt da etwa Tomas Hoke fünf meterhohe Akupunkturnadeln aus Edelstahl in neuralgische Stellen des mitunter kränkelnden, prächtig schönen Kärntner Kulturbodens namens Ossiach. Da schließt im Hinterhof Julie Hayward ihren Findling aus Krastaler Marmor an lebenserhaltende Metallschläuche an, die Enden wie fette Tatzen im Gras versickernd. Frischt Michael Kienzer im Stiftshof einen silbrigen Strauß aus blütenlosen Aluminiumstäben in einer Alu-Vase ein. Als stünden die Stängel schon lange hier. Und würden künftig immer in den Himmel ragen.

Gegenständliches wie Sylvia Kummers Arrangement aus Hirschgeweihen oder Markus Redls dicke, goldblütenverzierte Bronzemama; Geometrisches wie die rostige Stahlplattenarchitektur Alan Cicmaks; Erzählerisches wie Johanes Zechners rotgestreifte Retortenfamilie aus Terracottagefäßen oder Jochen Traars zum Vertical Garden aufeinandergeschichtete Blumentöpfe; und Poetisches wie Judith Saupers Echo, ein Vogelhäuschen, das verschachtelten Wohnkomplexen im alten Peking oder Schanghais ähnelt: wie Relikte, ein Echo einer anderen Zeit.

Nächsten Dienstag werden am anderen Seeufer, in Günther Domenigs Steinhaus, C. Claudia und Martina Mara Braun Arbeiten unter dem Titel Risiko statt Konformität zeigen. Thomas D. Schlee wird vermutlich nicht dabei sein. Auch das Steinhaus ist für ihn mit herben Enttäuschungen verbunden: Es war ihm als CS-Schauplatz versprochen worden. Doch inmitten des vom Feldkirchen-Marketing gestalteten Mischprogramms fühlt er sich, wenig verwunderlich, fehl am Platz.   (Andrea Schurian, DER STANDARD, 12.7.2012)