Das Angebot sieht keinen formalen Abschluss vor. Es gibt keinen akademischen Grad, und auch keine Vorgaben, was die Studienwahl- und Studienzeit betrifft

Foto: Universität Salzburg/Monkey Business

Salzburg - Die Universität Salzburg startet mit dem kommenden Wintersemester 2012/2013 ein österreichweit bisher einzigartiges Bildungsangebot für Menschen ab 55 Jahren. Bei einem Pressegespräch wurde in Salzburg am Mittwoch das Programm "Universität 55-PLUS" vorgestellt. Das Angebot richtet sich dabei an Menschen, die ihr Wissen zum Ende ihres Berufslebens, in der Pension oder nach der Kinderbetreuungszeit auf universitärem Niveau erweitern möchten - völlig unabhängig von ihrer Vorbildung.

Keine Pflicht zu Prüfungen

"Eine Matura oder ein Hochschulabschluss sind für die Inskription nicht notwendig", betonte der emeritierte Psychologieprofessor Urs Baumann, der die neue "Universität 55-PLUS" leitet. "Wir richten uns an Personen, die im Laufe ihrer Karriere Bildungsnachteile hatten, die vielleicht nicht studieren durften oder konnten. Diese - das sind vor allem Frauen - dürfen nicht benachteiligt werden." Das neue Angebot sieht keinen formalen Abschluss vor. Es gibt keinen akademischen Grad, und auch keine Vorgaben, was die Studienwahl- und Studienzeit betrifft. "Ich kann, muss aber keine Prüfungen machen. Es geht um die Entfaltung und Aneignung von Wissen und die Erweiterung der eigenen Persönlichkeit", erklärte Baumann.

Bis zu 1.000 Studierende

Die Teilnehmer können je nach Interesse Lehrveranstaltungen aus vier Bildungsschwerpunkten wählen: Kultur, Gesundheit, Sozietät und Gesellschaft sowie Naturwissenschaften/Technologie. "Es geht auch nicht darum, jemanden wieder fit für den Arbeitsmarkt zu machen", sagte Erich Müller, Vizerektor für Lehrer an der Universität Salzburg. "Ziel ist die individuelle Lebensqualität der Teilnehmer." Die Initiatoren rechnen im Endausbau mit 300 bis 1.000 Studenten an der "Universität 55-PLUS".

"Die Fachliteratur sagt, dass geistige Aktivitäten im Alter Demenz zwar nicht verhindern, das Risiko dafür aber senken können", betonte Baumann. Lebenslanges Lernen sei besonders für Menschen in der zweiten Lebenshälfte wichtig und für einen positiven Alterungsprozess von größer Bedeutung. Vorgesehen sind Lehrveranstaltungen speziell für "Seniorenstudenten" und Lehrveranstaltungen aus dem regulären Studienplan. "Wir bieten ein Mischmodell an, wobei Seminare oder Kurse mit begrenzten Teilnehmerzahlen nicht betroffen sind." In Zeiten angespannter Personalsituation und steigender Studierendenzahlen würde die "Universität 55-PLUS" regulären Studenten keine Ressourcen wegnehmen.

Kostenpflichtige Kurse

"Das System finanziert sich selbst. Die Kurse sind kostenpflichtig. Im ersten Semester verzichten wir noch auf Studiengebühren, später sind dann rund 100 bis 200 Euro pro Semester vorstellbar", betonte Vizerektor Müller. Allerdings bedürfe es einer Anschubfinanzierung des Bundes in der Höhe von 40.000 bis 50.000 Euro. "Wir hoffen, einen großen Teil davon vom Ministerium zu bekommen."

Als Beispiele für spezielle Lehrveranstaltungen der "Universität 55-PLUS" können sich die Initiatoren etwa Seminare aus dem Lebensumfeld der Zielgruppe vorstellen, etwa Kurse über psychische Probleme im Alter oder juristische Informationen zu Erbrecht oder Patientenverfügungen. "Das ist aber noch offen", erklärte Baumann. "Die Teilnehmer sollen das Bildungsangebot mitgestalten können und ihre eigenen Kompetenzen in die Lehrveranstaltungen einbringen." Eine Konkurrenz zu anderen Bildungseinrichtungen sieht der Leiter der "Universität 55-PLUS" übrigens nicht: "Wir haben eine Lücke gefüllt, die es bisher noch nicht gab." (APA, 11.7.2012)