Weniger EU-Geld für Community-Radio: Radiofabrik in Schwierigkeiten

Foto: Radiofabrik

Salzburg - Eines der erfolgreichsten Community-Radios Österreichs befindet sich in Schwierigkeiten: Wegen Absagen von EU-Projekten muss die Radiofabrik 25 Prozent der Personalstunden kürzen und bis Ende des Jahres auf Notbetrieb umstellen. Entschärft sich die Finanznot nicht, drohen 2013 Kündigungen und Qualitätsverlust. 

Das Problem ist das derzeitige Finanzierungsmodell der Radiofabrik: Bis zu 80 Prozent des Gesamtbudgets von 400.000 Euro holt sich das Community-Radio über Medienprojekte der Europäischen Union. Obwohl die Projekte üblicherweise dazu dienen sollten, Innovation und Weiterentwicklung zu bewirken und nicht den Kern des Betriebs tragen sollten, erklärt Radiofabrik-Geschäftsführer Alf Altendorf. In Summe hat die Radiofabrik bisher 2,5 Millionen Euro aus Brüssel nach Salzburg geholt.

Nur 15 Prozent kommen von der öffentlichen Hand. Die Stadt Salzburg fördert die Radiofabrik derzeit mit 52.000 Euro jährlich, das Land mit 21.000 Euro. "Seit langem warnen wir die Fördergeber in Stadt und Land, dass unser Finanzierungsmodell mit so hoher Eigenwirtschaft unhaltbar ist", sagt Alf Altendorf.

70.000 Euro durch EU-Absagen verloren

Durch die Absagen von EU-Projekten und deren Kofinanzierungen hat die Radiofabrik in den vergangenen zwei Monaten 70.000 Euro verloren. Davon betroffen ist etwa das Projekt "Civil Media", eine Konferenz für Community-Medien die früher im Jahresrhythmus in Salzburg stattfand. Als Grund für die Absagen sieht Altendorf die hohen Antragszahlen im "Europe for Citizens"-Programm. Die Genehmigungsquote liege derzeit unter fünf Prozent. Hinzu komme, dass die Einreichungen alleine schon ein paar Tausend Euro kosten, erläutert Altendorf.

Qualitätsverlust durch Kündigungen

Künftig wird die Radiofabrik die Schwerpunkte anders setzten. "Wir hauen uns ziemlich ins Zeug mit Verhandlungen und Antragstellungen, um den Betrieb am Laufen zu halten", sagt Altendorf. Wenn die Strategie nicht aufgehe, müssten ab 2013 Mitarbeiter gekündigt werden. Der derzeitige Service und die Qualität sowie die Betreuung der Mitglieder und die Jugendarbeit seien dann nicht mehr leistbar. 

Wie Salzburgs Freies Radio trotz der Personalstundenkürzung weiterlaufen soll ist noch unklar. "Es muss nun alles sehr kurzfristig und schnell reorganisiert werden. Ich weiß momentan nicht, wie ich meine eigene Arbeit machen soll", beschreibt Altendorf die Auswirkung der derzeitigen Stundenkürzungen.

Stadt und Land am Zug

Unterstützung erwartet sich die Radiofabrik nun von Stadt und Land. "Alle Verantwortlichen geben zu, dass das Finanzierungsmodell grundsätzlich unhaltbar ist", sagt Altendorf. Mit der Stadt sei man auch schon in Gesprächen "in einem sehr positiven Klima". Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) hat zugesagt, die Subvention der Stadt mittelfristig auf insgesamt 55.000 Euro zu erhöhen. "Die Stadt bleibt ihnen ein Partner. Wir werden die Radiofabrik nach unseren Mitteln weiter unterstützen", erklärt Schaden. Die Verluste durch die EU-Absagen könne die Stadt freilich nicht kompensieren. Der Salzburger Bürgermeister würde sich wünschen, "dass sich die anderen Subventionsgeber stärker engagieren", obwohl das bei den aktuellen Budgets unrealistisch sei. 

Beim Land habe die Radiofabrik noch nicht einmal einen Termin bekommen. "Ich bin enttäuscht. Das ist ein Ausdruck einer Geringschätzung. Wir wünschen uns vom Land wenigstens eine Anerkennung der Situation", kommentiert Altendorf die Reaktion vom Land. Dass die Radiofabrik keinen Termin bekommen habe, dementiert die Kulturabteilung des Landes. Es habe einen Termin einen Tag nach der Anfrage geben, aber es sei niemand erschienen. Nun werde nach einem neuen Termin gesucht. 

Land kann Förderausfall nicht kompensieren

Grundsätzlich sei die Radiofabrik eine wichtige Einrichtung, die schon seit der Gründung über die Kulturförderung vom Land unterstützt werde, heißt es aus dem Büro von Kulturlandesrat David Brenner (SPÖ). Aber: "Das Land ist in der derzeitigen Budgetsituation nicht in der Lage, Förderausfälle der EU in großem Ausmaß zu kompensieren." In den vergangenen Jahren musste das Land aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise die Förderbudgets generell um 20 Prozent kürzen. "Das Förderniveau der Radiofabrik haben wir im vollem Umfang aufrecht erhalten", betont Brenner. Die Radiofabrik sei auch ein wichtiges Generationen- und Integrationsprojekt, deshalb sollten auch andere Ressorts in die Pflicht genommen werden und nicht nur die Kulturförderung, ergänzt Brenner. 

"Medientopf" gefordert

Auch Thomas Radisek, Geschäftsführer vom Dachverband der Salzburger Kulturstätten, sieht den Handlungsbedarf beim Land: "Die Landesförderung ist verglichen mit den Subventionen des Bundes, der RTR und der Stadt weit hinten." Nun wird auch die Forderung der Zweckwidmung der Landesmedienabgabe wieder laut. "Einen Medientopf, wie wir ihn schon lange fordern, gibt es vom Land immer noch nicht", kritisiert Randisek. Nach der Erhöhung des Landesanteils der Rundfunkgebühr auf 4,20 Euro pro Monat und Person kassiert das Land Salzburg neun Millionen Euro. Ein Teil der Landesmedienabgabe sollte zweckgebunden in einem Medienfonds angelegt werden, so die Vorstellung des Dachverbands der Salzburger Kulturstätten. (Stefanie Ruep, derStandard.at, 11.7.2012)