Nach 149 Scorerpunkten in 118 Spielen für Olimpija Ljubljana folgte John Hughes seinem Trainer Hannu Järvenpää nach Villach.

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Vor exakt 100 Tagen endete die Saison 2011/12 in der Erste Bank Eishockey Liga, die Zeit seitdem haben die Klubs dazu genützt, ihre Personalplanungen für das kommende Jahr voranzutreiben. Speziell für die zukünftig acht österreichischen Teams in der Liga lässt sich dabei ein deutlicher Paradigmenwechsel in ihrer Transferpolitik attestieren, immer häufiger bedienen sie sich bei der direkten Konkurrenz und verpflichten bereits in der EBEL etablierte Spieler.

Bisher 25 ligainterne Transfers

Mit heutigem Stand haben die zwölf Vereine 79 Neuzugänge zu verzeichnen, 25 davon, also knapp ein Drittel, kamen direkt von einem Mitbewerber in der Erste Bank Eishockey Liga. Bemerkenswert ist dabei der markante Unterschied zwischen österreichischen und internationalen Teams: Von den 54 Neuzugängen der acht rot-weiß-roten Vereine können mehr als 57 Prozent auf EBEL-Erfahrung verweisen, während es bei den vier Klubs aus Slowenien, Ungarn, Kroatien und Tschechien (aktuell 25 Neuverpflichtungen für 2012/13) nur magere acht Prozent sind.
Diese eklatante Differenz ist zu wesentlichen Teilen dem veritablen Gefälle hinsichtlich der wirtschaftlichen Potenz zwischen österreichischen und internationalen Teams geschuldet. Bestes Beispiel dafür ist Olimpija Ljubljana, das nach einer sehr erfolgreichen, erst im Halbfinale endenden Saison gleich sechs seiner nordamerikanischen Legionäre an die Konkurrenten aus Villach und Wien verlor, die mit deutlich besser dotierten Verträgen lockten. Transferbewegungen, die voll im ligaweiten Trend liegen, sind doch bei 24 der heuer bisher 25 Wechsel innerhalb der EBEL österreichische Teams die aufnehmenden Parteien.

Minimierung des Risikos

Die Motive dafür, vornehmlich aus der Liga bekannte Spieler (bzw. im Besonderen Legionäre) zu verpflichten, sind naheliegend: Die Klubs streben nach einer Minimierung des Risikos von Fehlinvestitionen, holen also Cracks, über deren Leistungspotential und Effektivität sie bereits im Bilde sind. Dabei ist zu beobachten, dass speziell Vereine, die ihre Ziele im Vorjahr deutlich verfehlten, dazu tendieren, diesen Weg einzuschlagen. Die letzte Saison an der Play-Off-Qualifikation gescheiterten Graz 99ers und Villach sowie die im Viertelfinale eliminierten Vienna Capitals verzeichneten in der bisherigen Transferzeit insgesamt 30 Neuzugänge, rekordverdächtige 80 Prozent davon spielten in ihrer Karriere zuvor bereits in der Liga.

Järvenpää vertraut auf Bekanntes

Nach einer Vielzahl an suboptimalen Personalentscheidungen im Verlauf der letzten Jahre ging der Villacher SV in diesem Sommer bisher nur wenig Risiko ein, sämtliche neun zum Klub gestoßenen Spieler liefen auch schon im Vorjahr in der EBEL auf. Trainer Hannu Järvenpää brachte gleich fünf Nordamerikaner aus Ljubljana mit, Heimkehrer Daniel Nageler (Wien), Wunsch-Backup Thomas Höneckl (Salzburg), Jesenice-Schnäppchen Antti Pusa und (vermutlich) Fehérvár-Goalgetter Derek Ryan runden das Paket ab.
"Wir mussten heuer einen großen personellen Umbruch vornehmen und wollen zukünftig wieder vermehrt junge, einheimische Spieler in unser Team einbauen", erklärt VSV-Manager Stefan Widitsch. "Beides birgt ein gewisses Risiko, das wir mit der Verpflichtung von Legionären verringern möchten, die bereits bewiesen haben, dass sie in der Liga funktionieren. Die Imports, die wir von Olimpija geholt haben, hat im Vorjahr alle Hannu Järvenpää dorthin gebracht. Sie haben sich bewiesen, also lag es nahe, dass wir daran interessiert waren und sind, dass sie diesen Weg bei uns fortsetzen."

Capitals sehen Entwicklungspotential

Ein ähnliches Sicherheitsdenken wie in Villach ist auch in Wien-Donaustadt auszumachen. Mit Ausnahme von Goalie Matt Zaba und dem kürzlich unter Vertrag genommenen Joshua Soares haben die Vienna Capitals ausschließlich Cracks in die Bundeshauptstadt gelotst, die bereits 2011/12 in der EBEL aktiv waren. Trainer Tommy Samuelsson: "Bei der Verpflichtung von Spielern, die bereits ein oder mehrere Jahre in der Liga gespielt haben, ist das Risiko natürlich geringer. Zudem sind wir aber auch davon überzeugt, Akteure geholt zu haben, die noch das Potential zur Weiterentwicklung aufweisen. Kaum einer unserer Neuen ist älter als 30."
Der schwedische Coach sieht die veränderte Transferpolitik seines Klubs auch als Beleg für das hohe Leistungsniveau in der Liga: "Die Erste Bank Eishockey Liga ist heute ein Bewerb von guter Qualität, in dem sich viele Spieler von Klasse messen. Der Wille zum Erfolg und zum persönlichen Fortschritt, beides im Eishockey unverzichtbar, ist stark ausgeprägt, solche Charaktere braucht ein erfolgreiches Team."

Legionäre von der Konkurrenz auch für Salzburg

Für einige Transferüberraschungen hat in diesem Sommer bisher auch der im Vorjahr nach sechs Endspielteilnahmen in Serie bereits im Viertelfinale gescheiterte EC Salzburg gesorgt. Bediente man sich bei der Verpflichtung von Legionären zuletzt vornehmlich des weitreichenden und engmaschigen Kontaktnetzwerks von Trainer Pierre Pagé in Nordamerika, so angelte man sich heuer mit Medveščak-Topscorer Ryan Kinasewich und Justin Keller, dem Top-Torschützen der letztjährigen Play-Offs, gleich zwei Spieler aus dem Teich der EBEL-Imports von gehobener Qualität. Mit der Rückkehr von Ryan Duncan, einem der stärksten Spielmacher der jüngeren Ligageschichte, und dem Signing von Ross Lupaschuk finden sich zwei weitere in der Liga bekannte Namen auf der Liste der Neuzugänge des vierfachen Meisters.
Als Trendumkehr in der Transferpolitik will Pierre Pagé diese Verpflichtungen jedoch nicht sehen: "Wir sind immer auf der Suche nach Spielern, die sich entwickeln wollen, hart arbeiten und an das Red Bull-Modell glauben. Unser primärer Fokus liegt dabei auf jungen Akteuren, aber wir sind auch für "ältere Semester" offen, wenn sie die entsprechenden Qualitäten mitbringen. Unsere Neuzugänge erfüllen diese Kriterien, unabhängig davon, ob sie zuvor bereits in der EBEL gespielt haben oder nicht."

59 Ligadebütanten

Obwohl die Transferbewegungen innerhalb der Liga in diesem Sommer deutlich intensiver sind als in vorangegangenen Jahren, wird sich auch im kommenden Spieljahr eine Vielzahl an neuen Gesichter in der internationalen Meisterschaft präsentieren: Gleich 59 EBEL-Neulinge haben bisher den Sprung in die Kernkader der zwölf Klubs geschafft. Zwar hat die Hälfte der Vereine ihre Personalplanungen fürs erste weitestgehend abgeschlossen, speziell bei den Aufsteigern aus Dornbirn (erst drei Spieler unter Vertrag) und Innsbruck (erst zwei Legionärsstellen vergeben) findet sich jedoch noch sehr viel Platz im Roster. Sicher auch für den einen oder anderen der aktuell 45 Imports, die im vergangenen Jahr in der EBEL aktiv waren, aktuell aber noch ohne Klub für die Saison 2012/13 dastehen. (Hannes Biedermann, derStandard.at; 10.Juli 2012)