Wer in der Sonderbetreuungsanstalt auf der Saualm krank ist und zum Arzt gebracht werden muss, bestimmen die Betreiberin und das Kärntner Flüchtlingsreferat. Foto: Gerhard Maurer

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Klagenfurt - "Ich habe es nicht mehr ausgehalten und das Flüchtlingsreferat informiert." Die Situation in der Sonderbetreuungsanstalt für Asylwerber auf der Saualm sei menschenunwürdig, beschwerte sich der Security-Mann schriftlich bei Flüchtlingsreferent Gernot Steiner. Auf seinen Beschwerdebrief wurde nie reagiert.

Konkreter Anlass war ein Hungerstreik von Russen über einen längeren Zeitraum. Herr Z. (Name von der Redaktion geändert) machte sich Sorgen und wollte einen Arzt rufen. "Die Betreiberin hat mir und meinen Kollegen das ausdrücklich verboten", erzählt er dem STANDARD. Nur sie könne die Einwilligung dazu geben. Danach habe sie ihm Hausverbot erteilt.

Er habe auch im Winter die Heizung in der Nacht abstellen müssen. "Da ist auf 1600 Metern Seehöhe beißende Kälte durch die undichten Fenster hereingekrochen", berichtet Herr Z. Auch die sanitären Zustände seien schlimm gewesen. Bis auf eine Toilette seien alle anderen vernagelt worden - um Putzkosten zu sparen. All das habe er in seiner Beschwerde zusammengefasst.

Keine Information über Hungerstreik

Die Russen wurden später weggebracht. Wohin, weiß Herr Z. nicht. Über den Hungerstreik war auf Nachfrage des STANDARD weder der "Hausarzt" der Saualm, Dr. C., der in Griffen seine Ordination betreibt, noch die Amtsärztin für den Bezirk Völkermarkt je informiert worden. Geht es um die Gefährdung von Leib und Leben, muss zuständiges ärztliches Fachpersonal entscheiden, ob die Hungerstreikenden in ein Krankenhaus einzuweisen sind. Dazu bedarf es aber erst einer Anzeige. Erst bei nachweislicher Selbstgefährdung muss die Bezirkshauptmannschaft nach dem Unterbringungsgesetz einschreiten. "Ich weiß von keinem Hungerstreik auf der Saualm", sagt Bezirkshauptmann Gert Klösch. Aber das sei auch eine Frage, wie sich der "Hungerstreik" darstelle, meint Klösch: "Wir können die Asylwerber ja nicht zum Essen zwingen. Sie können ja jederzeit gehen, wenn ihnen was nicht passt. Sie sind ja freiwillig dort." In diesem Fall verlieren die Asylwerber allerdings ihre Grundversorgung und müssen in die Illegalität abtauchen.

"Reihenuntersuchungen für Asylwerber machen wir nicht", erklärt Klösch, " nur für die sanitätspolizeiliche Überprüfung der Unterbringung" sei man zuständig. Und die erfolge alle zwei Monate, und da sei alles in Ordnung. Das Flüchtlingsreferat entscheide darüber, ob ein Arzt benötigt werde, und organisiere auch die Krankentransporte zum örtlichen Praktiker in Griffen. Auch von Missständen bei der Verwahrung von Medikamenten wisse man nichts.

Dr. C. war noch nie auf der Saualm: "Der lange Anfahrtsweg für Hausbesuche ist ja ein Wahnsinn." Die Asylwerber würden zu ihm gebracht werden. Bei einem Notfall müsse der Notarzthubschrauber geordert werden. Doch dieser fliege nur bei Tag. Bei Nacht müsse die Rettung ausrücken.

NGOs nicht eingebunden

In Kärnten würden die Asylwerber ausschließlich über das Landesflüchtlingsreferat betreut, sagt Anny Knapp von der Asylkoordination. In anderen Bundesländern würden auch NGOs in die soziale oder psychologische Betreuung eingebunden. Vor allem bei der Versorgung von kranken Flüchtlingen. Da würden etwa das Wiener Integrationshaus und die Caritas Fachpersonal für die Betreuung zur Verfügung stellen.

Knapp: "Nur dann ist ein erhöhter Tagsatz von 40 Euro gerechtfertigt." So viel zahlt das Land der Betreiberin der Sonderbetreuungsanstalt - und zwar für eine Vollbelegung von 30 Plätzen, egal wie viele Flüchtlinge gerade oben sind.

"Auf der Saualm gibt es keine Betreuung. Da geht es nur um Ausgrenzung und Bestrafung", so Angelika Hödl vom Komitee für mehr Menschlichkeit. Flüchtlingsreferent Gernot Steiner war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 11.7.2012)