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Auch den freien Tag verbringt das Team Sky mit Radfahren.

Foto: EPA/GUILLAUME HORCAJUELO

Macon/Frankreich - Bernhard Eisel war sich nach dem ersten langen Einzelzeitfahren der Tour de France, das er als einer der ersten Fahrer bestritt, sicher: "Ein harter Kurs, kaum Zeit zur Erholung, perfekt für unsere Burschen", schrieb der Profi des Teams Sky auf Twitter. Die anschließende Dominanz von Bradley Wiggins und Christopher Froome in der 41-km-Prüfung gegen die Uhr überraschte aber wohl auch ihn. Nach den Etappenrängen eins und zwei hat das Duo den Vorjahrssieger Cadel Evans in die Zange genommen. Wiggins führte am Ruhetag 1:53 Minuten vor Evans und 2:07 vor seinem Teamkollegen.

"Die Stimmung ist richtig gut"

Bevor er den ersten Ruhetag mit seiner Freundin genießen konnte, musste Eisel 220 Kilometer ins nächste Teamhotel fahren. Von den Blessuren seines Sturzes hat er sich gut erholt, bei seiner Arbeit für Sprinter Mark Cavendish und Wiggins muss der einzige Österreicher bei der 99. Tour aber Tag für Tag an seine Grenzen gehen. "Ich kann mich nicht erinnern, wann ich so gelitten habe", sagte er nach der Etappe nach Porrentruy am Sonntag. Doch angesichts der Erfolge - Gelbes Trikot und bisher drei Etappensiege - lassen sich die Strapazen leichter ertragen. "Die Stimmung ist richtig gut, die Jungs sind alle extrem gut drauf", erklärte der 31-Jährige.

Geht es nach Eisel, dann wird das Trikot des Spitzenreiters in den restlichen zwei Wochen bei seiner Equipe bleiben. "Dafür werden wir als Team alles geben. Wir werden weiterhin versuchen, Bradley aus dem Ärgsten rauszuhalten. Es wartet sehr viel Arbeit auf uns", sagte der Olympia-Teilnehmer, der heuer erstmals Giro d'Italia und Tour in einem Jahr bestreitet und zudem bei seiner neunten Frankreich-Rundfahrt erstmals im Team des möglichen Gesamtsiegers steht.

Die "unglaubliche Demonstration der Stärke" von Wiggins und Froome, wie das Team Sky auf seiner Homepage schrieb, eröffnet dem britischen Rennstall viele Möglichkeiten. Wiggins ist der unbestrittene Chef und soll den ersten Tour-Sieg eines Briten einfahren. Die Überlegenheit des dreifachen Bahn-Olympiasiegers im Zeitfahren könnte den Unterschied zu Titelverteidiger Evans ausmachen. "Das ist meine Spezialität, ich komme in meinen Bereich, weiß was ich zu tun habe und außerdem habe ich mich großartig gefühlt", betonte der 32-Jährige nach seinem ersten Tour-Etappensieg.

Sein Team hatte zuvor auch die bergigen Etappen beherrscht. Von einem Journalisten darauf angesprochen, dass in Internet-Foren Vergleiche zwischen dem Team Sky und der Dominanz des unter Dopingverdacht stehenden Armstrong-Teams früherer Jahre gezogen würden, griff Wiggins zu vulgären Schimpfwörtern. Mit "Ich verstehe das nicht, es ist einfach, dazusitzen und unter deinem Pseudonym einen derartigen Blödsinn zu schreiben", gab der Engländer auch einen druckfähigen Satz von sich.

"Ich bin in der Form meines Lebens"

Doch trotz einer souveränen Führung weiß Wiggins auch aus eigener leidvoller Erfahrung, dass der Weg nach Paris noch weit ist. 2009 überraschend Gesamt-Vierter, landete er ein Jahr später nicht in den Top 20 und musste im Vorjahr nach einem Schlüsselbeinbruch aufgeben. Heuer soll der große Coup gelingen. "Ich bin in der Form meines Lebens und die Führung stellt nun keine Belastung mehr dar", versicherte Wiggins.

Sollte der in Belgien geborene Londoner aber unerwartet Schwäche zeigen oder ein Missgeschick erleiden, soll Froome (der gebürtige Kenianer hat seit 2008 einen britischen Pass) zur Stelle sein. Wie bei der Vuelta 2011, die er nur knapp hinter dem Spanier Juan Jose Cobo als Zweiter und vor dem eigentlichen Kapitän Wiggins beendet hat.

Evans hatte im Vorjahr in dieser Phase nur zwei Sekunden Rückstand auf den Spitzenreiter, doch auch von 1:53 Minuten lässt er sich nicht entmutigen. "Natürlich ist das nicht die beste Position, aber wir geben sicher nicht auf, das Rennen dauert noch lange", sagte der 35-Jährige aus dem Team BMC auch in Hinblick auf die kommenden zwei Alpenetappen. Mit seiner Zeitfahr-Leistung war Evans gar nicht so unzufrieden. "Das war kein schlechtes Zeitfahren, verglichen mit anderen Spezialisten war ich nicht so weit weg. Aber das Team Sky hatte zwei sehr, sehr starke Fahrer." (APA, 10.7.2012)