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Thomas Lubanga Dyilo wartet auf sein Urteil.

Foto: EPA/Jerry Lampen/Pool

Den Haag - Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat den kongolesischen Ex-Milizenführer Thomas Lubanga Dyilo zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Das 2003 eingerichtete Tribunal verhängte damit am Dienstag erstmals in seiner Geschichte eine Strafe gegen einen Kriegsverbrecher. Lubanga war Mitte März der Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten in der Demokratischen Republik Kongo schuldig gesprochen worden. Am Dienstag wurde das Strafausmaß von Richter Adrian Fulford verkündet.

Die Zeit, die Lubanga seit 2006 in Haft verbrachte, wird von der Strafe abgezogen, erklärte Fulford. Lubanga muss somit für weitere acht Jahre hinter Gitter. Die Anklage hatte 30 Jahre Haft gefordert. Die Richter billigten Lubanga mildernde Umstände wegen der Kooperation mit dem Gericht zu. Er kann gegen das Urteil Berufung einlegen.

Lubanga könnte Strafe in Österreich absitzen

Das Gericht muss nun entscheiden, wo Lubanga seine Haftstrafe absitzen wird. Bisher haben sich sechs Staaten bereiterklärt, vom IStGH Verurteilte in ihren Gefängnissen aufzunehmen: Österreich, Belgien, Finnland, Großbritannien, Mali und Serbien. Der IStGH ist das erste dauerhaft eingerichtete internationale Gericht, das Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen aufklären soll.

In der Urteilsbegründung vom Dienstag heißt es, die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten sei ein "sehr schweres Verbrechen". Kinder genössen einen besonderen Schutz, der durch mehrere internationale Verträge garantiert werde. Richter Fulford hob aber hervor, dass Lubanga während des gesamten Prozesses mit dem Gericht zusammengearbeitet habe. Er kritisierte zudem die Anklage, die den 51-Jährigen "unter ständigen und nicht gerechtfertigten Druck" gesetzt habe. Für eine Stellungnahme zum verhängten Strafmaß waren am Dienstag zunächst weder die Anklage noch die Verteidigung Lubangas zu erreichen.

Der frühere Kommandant der Patriotischen Kräfte für die Befreiung des Kongo (FPLC) und mutmaßliche Gründer der Union Kongolesischer Patrioten (UPC) hatte während des Bürgerkriegs in der ostkongolesischen Provinz Ituri 2002 und 2003 tausende Kindersoldaten zwangsrekrutieren und in Ausbildungslagern schlagen und mit Drogen gefügig machen lassen. Seine Milizen holten die Kinder aus ihren Häusern und Schulen. Seit dem Beginn des Konflikts im Kongo 1999 sollen laut Menschenrechtsaktivisten rund 60.000 Menschen in dem zentralafrikanischen Land getötet worden sein.

Lubanga zeigte sich nicht geständig

Lubanga war 2006 nach Den Haag überstellt worden, Anfang 2009 begann der Prozess gegen ihn. Während der insgesamt 204 Prozesstage riefen Staatsanwaltschaft und Verteidigung mehr als 60 Zeugen auf. Auch frühere Kindersoldaten kamen zu Wort. Lubanga hatte auf nicht schuldig plädiert. Bei einer Anhörung im Juni sagte er, der Schuldspruch vom März habe ihn getroffen "wie eine Kugel ins Gesicht". Er werde als Warlord dargestellt, dabei habe er nie Zwangsrekrutierungen von Kindersoldaten "akzeptiert oder toleriert".

Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Europaparlament, die deutsche Grünen-Politikerin Barbara Lochbihler, begrüßte das Urteil. Es stärke den "weltweiten Einsatz gegen Straflosigkeit" und werde eine "große Signalwirkung" für Länder haben, in denen nach wie vor Kindersoldaten eingesetzt würden. Es zeige, dass der Einsatz von Kindersoldaten "von der internationalen Staatengemeinschaft geächtet und geahndet wird". (APA, 10.7.2012)