Diese Pflichtaufgabe erledigt die Regierung Jahr für Jahr mit Bravour: Auf 160 Seiten Hochglanz werden im Wirtschaftsbericht sämtliche ökonomischen Eckdaten präsentiert. Bei so vielen mit Konsenstexten und Beweihräucherung vollgedruckten Seiten Papier könnte man annehmen, dass Rot-Schwarz mittlerweile eine gemeinsame wirtschaftspolitische Strategie entwickelt hat.

Geht es um die staatseigenen Unternehmen, ist man davon freilich meilenweit entfernt. Die Beteiligungsgesellschaft ÖIAG wird ausschließlich dazu gebraucht, ideologische Grabenkämpfe fortführen zu können. Ein unstrittiges Konzept, wohin die Reise von Post, Telekom und OMV gehen soll, gibt es nicht. Die Meinungen, was mit den anderen staatlichen Beteiligungen - Stichwort Verbund, Bundesimmobiliengesellschaft, ÖBB etc. - passieren soll, gehen sogar innerhalb der Parteien weit auseinander. Lieber wird darüber nachgedacht, welche ausrangierten (Ex-)Parteikollegen mit welchen Posten versorgt werden könnten.

Querdenker sind nicht gern gesehen - weder bei Rot noch bei Schwarz. Das setzt sich auf der europäischen Ebene fort. Eigeninitiativen Österreichs sind die seltene Ausnahme. In der Regel agiert man im Schlepptau Deutschlands. Nach dem Motto: Der Nachbar wird schon wissen, was gut für uns ist. Und: Statt Versäumnisse zu analysieren, werden internationale Vergleiche gegeißelt, in denen Österreich schlecht abschneidet. (Günther Oswald, DER STANDARD, 10.7.2012)