In der Diskussion rund um die Veröffentlichung der Gespräche zwischen dem Attentäter von Toulouse und der Polizei hat sich nun der französische Fernsehsender TF1 zu Wort gemeldet. Er sei nur seinem Informationsauftrag nachgekommen rechtfertigte sich der Privatsender am Montag. Angehörige der insgesamt sieben Opfer des islamistischen Täters kündigten einen Eilantrag an, um jegliche weitere Ausstrahlung der Tonaufnahmen verbieten zu lassen.

Die Attentatserie des 23-jährigen Mohamed Merah hatte im März in Frankreich und darüber hinaus für Entsetzen gesorgt. Bei drei Attentaten hatte er im Großraum Toulouse in Südfrankreich insgesamt sieben Menschen erschossen, darunter drei Kinder und einen Lehrer vor einer jüdischen Schule. Nach 32-stündiger Belagerung seiner Wohnung wurde Merah am 22. März von Polizisten der Eliteeinheit Raid erschossen.

Ausstrahlung am Sonntag

Die Gespräche des Attentäters mit Polizisten, während er sich verschanzt hielt, waren nun erstmals für die Öffentlichkeit zu hören. Der private Sender TF1, der nach eigenen Angaben über insgesamt viereinhalb Stunden Tonmaterial verfügt, strahlte am Sonntagabend Auszüge aus den Verhandlungen aus. Der Attentäter spricht darin klar und bestimmt über seine Verbrechen, schildert weitere Attentatspläne und berichtet über sein Training durch pakistanische Taliban. Merah versichert auch, er habe keine Angst vor dem Tod: "Ich weiß, dass ihr mich erschießen könntet, das ist ein Risiko, das ich eingehe."

Angehörige der Opfer zeigten sich schockiert und entsetzt. Zwei Opferanwälte kündigten am Montag einen Eilantrag an, um eine weitere Ausstrahlung verbieten zu lassen. Ein Anwalt hob hervor, dass demnächst wohl "die Videos der Morde im Fernsehen gezeigt werden und der Schaden wäre dann nicht wiedergutzumachen". Merah hatte seine Bluttaten mit einer Minikamera gefilmt; die Aufnahmen hatte die Justiz beschlagnahmt, sie waren aber auch Fernsehsendern zugegangen.

Die Pariser Staatsanwaltschaft nahm nach Justizangaben Vorermittlungen wegen Verletzung des Ermittlungsgeheimnisses auf. Die interne Polizeiaufsicht wurde angewiesen, eine Untersuchung zur Verbreitung der Tonbandaufnahmen zu führen.

Verurteilung durch das Innenministerium

Der französische Innenminister Manuel Valls verurteilte am Sonntagabend die Ausstrahlung der Aufnahmen. Es stelle sich die Frage, wie der Sender an die Aufzeichnungen gekommen sei. Er warf dem Sender vor, nichts getan zu haben, "um die Familien der Opfer zu respektieren". Die französische Rundfunkaufsichtsbehörde CSA erklärte, sie habe den Fernsehsendern empfohlen, auf eine Ausstrahlung zu verzichten.

Die Nachrichtenchefin von TF1, Catherine Nayl, wies den Vorwurf des Sensationsjournalismus zurück. Die gesendeten Auszüge umfassten "sehr wichtige Informationen über die Art und Weise, wie die Männer (der Eliteeinheit) Raid verhandelt haben", sagte Nayl der Nachrichtenagentur AFP. Das Dokument beweise, dass die Polizisten bis zum Schluss versucht hätten, Merah lebend zu ergreifen.

Merahs Vater hatte Anzeige erstattet, weil die Polizei seinen Sohn seiner Ansicht nach absichtlich erschoss. Der Attentäter, der nach Reisen nach Afghanistan und Pakistan im Visier des französischen Geheimdienstes war, hatte sich als Mitglied des islamistischen Terrornetzwerks Al-Kaida bezeichnet. (APA, 9.7.2012)