Die schwere innenpolitische Krise in Rumänien hat zumindest einen klärenden Effekt: Sie legt die seit langem bestehenden demokratischen Schwächen offen. So fühlen sich viele Parlamentarier nicht dem Wähler, sondern sich selbst verpflichtet. Sie wechseln die Partei, je nachdem, welche Fraktion ihnen gerade mehr verspricht, als wären sie bloß Werkzeuge des Klientelismus.

Auch der Konflikt zwischen Präsident und Premier besteht nicht erst, seit der Sozialdemokrat Victor Ponta die Regierung führt. Seit Jahren wird um das Kräftegleichgewicht zwischen Staatschef, Regierung und Parlament gestritten. Prinzipiell hat Rumänien eine semipräsidentielle Struktur. Der nun suspendierte Präsident Traian Basescu ist zwar offiziell parteilos, doch er bestimmt seit langem die Politik der Liberaldemokratischen Partei PD-L. Indirekt hat er lange regiert. Gleichzeitig sollte er zwischen den Staatsgewalten vermitteln, polarisierte aber.

Obwohl Kritik an dem oft groben und autoritären Stil Basescus angebracht ist, zeugt die jetzige Vorgangsweise der Regierung von fehlendem Demokratiebewusstsein. Denn wer sich mit Dringlichkeitsverordnungen eines Präsidenten entledigt, unterhöhlt die Souveränität des Parlaments. Er ist nicht willig, Konflikte und Machtfragen transparent auszuhandeln und er verschärft die Verunsicherung in einem Land, in dem es ohnehin kaum mehr Vertrauen in Politiker und politische Institutionen gibt.(Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 9.7.2012)