Wien  - Bauernbund-Präsident Jakob Auer (ÖVP) hat bei den Streitthemen Einkommensteuer-Vollpauschalierung für Landwirte und der Reform der bäuerlichen Einheitswerte Kompromissbereitschaft signalisiert. Derzeit wird bei einem Einheitswert (Grundwert) von bis zu 100.000 Euro - der zuletzt 1988 festgestellt wurde - der Gewinn pauschal mit 39 Prozent des Einheitswertes besteuert. "100.000 Euro ist für mich nicht eine Grenze, die in Beton gegossen ist", sagte Auer im Gespräch mit der APA. An den bäuerlichen Nachwuchs appellierte er, die Höfe der Eltern zu übernehmen und nicht zu jammern.

Kommende Woche gebe es Gespräche mit SPÖ-Landwirtschaftssprecher Kurt Gaßner um eine Reform der Einheitswerte voranzutreiben, berichtete Auer. "Letztlich wird jeder einen Schritt aufeinander zugehen müssen." Dabei drängt die Zeit: Im Rahmen des Sparpakets wurde eine Hauptfeststellung per 1. Jänner 2014 vereinbart. Die Bauern befürchten, dass der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die derzeitige Regelung kippen könnte.

Ende 2010 wurde die Steuerpauschalierungsgrenze vom damaligen Finanzminister und ehemaligen Landwirtschaftsminister Josef Pröll (ÖVP) von 65.500 Euro auf 100.000 Euro Einheitswert angehoben. Laut dem Grünen Bericht machte die Abgabenleistung von land- und forstwirtschaftlicher Betriebe im Jahr 2010 rund 110 Mio. Euro aus. Davon entfielen laut Schätzungen des Finanzministeriums auf die Einkommensteuer rund 45 Mio. Euro, auf die Grundsteuer A rund 27 Mio. Euro und auf die Abgabe land- und forstwirtschaftlicher Betriebe rund 20 Mio. Euro.

Ärger über AK

Auf die Arbeiterkammer (AK) angesprochen sparte der schwarze Bauernvertreter nicht mit Kritik: "Wenn ich ständig höre, die Bauern würden keine Steuern zahlen, die Lebensmittel in Österreich seien zu teuer, die Bauern haben Privilegien. Da frage ich mich ob sich die AK etwas zur inneren Akzeptanz überlegt, wo gute 50 Prozent der Bauern - rund 94.000 Nebenerwerbsbauern - AK-Beiträge zahlen und verunglimpft werden. Ich lade dazu ein, etwas objektiver zu sein."

Ein weiteres agrarpolitisch "heißes Thema" ist die geplante Reform des Förderwesens in Österreich. Österreich muss in der EU-Finanzperiode 2014 bis 2020 vom "historischen Modell" abrücken, nachdem sich die Agrar-Direktzahlungen an den Produktionsverhältnissen der Jahre 2000 bis 2002 orientiert haben. Derzeit erhalten Ackerbauern tendenziell höhere Prämien pro Hektar als Grünlandbauern, auch Tierhalter bekommen hohe Hektarförderungen. Auch die Förderungen zwischen den einzelnen Bezirken in Österreich variieren zum Teil stark. "Wir haben alle zulange gewartet. Ich schiebe das nicht auf Einzelpersonen", zeigte sich der Bauernbund-Präsident selbstkritisch. "Es hat der Druck der Europäischen Union gefehlt, der Druck in Österreich selber und die mangelnde Information."

Man könne Österreich als eine Region darstellen, jedes Bundesland oder auch nach Produktionsgebieten differenzieren, skizzierte Auer verschiedene Möglichkeiten. "Die absolute Gerechtigkeit wird es aber nie geben - wir wollen so nahe wie möglich hin", so Auer. Je nach Modell befürchten Bauern entweder in West- oder Ostösterreich deutliche Förderverluste. Der Bauernbund hat sich aber noch nicht auf ein Modell geeinigt. Im Herbst würden "die Fronten abgesteckt". Der genaue Zeitpunkt für die Fördermodell-Umstellung sei aber noch offen: "Ich bin eher für einen sanfteren Übergang. Für Schocktherapien bin ich nicht so begeisterungsfähig."

Zum Biosprit E10 sagte Auer, dass die Beimischungsvorgaben der EU von den heimischen Landwirten jederzeit erfüllt werden kann und dadurch Lebensmittel nicht teuerer würden. Die Qualitäten, die für Lebens- bzw. Futtermittel verwendet werden, würden nicht "verspritet. Das sei für die Bauern ideal, um die schlechteren Qualitäten zu verwerten

Der heimische Biolandbau würde aber an seine Grenzen stoßen - "vom Absatz her". Wenn, dann müsse man über eine Absatzunterstützung nachdenken, statt über die Weiterführung der gestoppten Prämien für den Umstieg zur Bioproduktion. "Absatzunterstützung geschieht auch teilweise im Handel - nur gibt das nie wer nach außen zu: Konventionelle Fleischprodukte werden durch Biologische gestützt", sagte Auer. "Trotzdem ist der Preisunterschied noch sehr groß." Die Nachfrage nach regionalen Produkten steige an - "weil Bio auch importiert wird". Dies sei auch eine gute Chance für die Kleinbauern - "wenn auch nicht jeder überleben wird".

"Nicht fürs Jammern bezahlt"

Das Überleben eines Betriebes hänge aber nicht von der Größe ab, sondern von der Effizienz, der Kostenstruktur. Mitvoraussetzung sei auch der familiäre Zusammenhalt. In diesem Zusammenhang appellierte Auer an die Bauern: Wenn man 25 Jahre lang seinen Kindern erzähle, "das ist alles nix", dann sei logisch, dass der Nachwuchs nicht übernehmen wolle. "Es geht um den Willen, wie in jedem Beruf. Ich würde mir mehr positive Signale innerhalb der Bauernschaft wünschen. Fürs Jammern werden wir nicht bezahlt. Ich empfehle dem Nachwuchs, die Höfe zu übernehmen." (APA, 5.7.2012)