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Eine Wespe macht den Einsatz im Freibad erforderlich.

Foto: APA/Jörg Sarbach

Dienst am C2 in Krems. Es ist brütend heiß, die Luft flimmert. Wir werden alarmiert. Allergische Reaktion bei einem sechsjährigen Kind, steht am Handy.

Der Notfallort ist ein Freibad. Wir starten, fliegen bei glühender Hitze mit dem Hubschrauber, landen auf einem abgesicherten Teil der Liegewiese. Millionen von Menschen sind dort. Es riecht nach Langos, nach fetten Pommes mit Mayo und Ketchup, umspült vom Duft verschiedenster Sonnenöle.

Die kleine Elisabeth liegt im Schatten, daneben sitzt die liebe Mutter. Zwei Wespenstiche in den Unterarm. Der ist geschwollen, eingewickelt in kalte Handtücher, die natürlich schon längst heiß sind. "Elisabeth ist sehr wehleidig", sagt die Mutter. "Beim Kinderarzt lässt sie sich nie was machen." - "Danke, das geht schon", ich untersuche jetzt die Kleine. "Na, wie geht's dir mit der Luft?" - "Das ist so komisch", sagt das Mädchen. "Ja, ja, mit der Luft, da müssen wir immer aufpassen", so die Mutter.

Sie atmet ein wenig schnell, leichte spastische Atemgeräusche sind zu hören. "Als Kind hat sie Asthma gehabt", erzählt die Mutter. "Aber sie ist ja immer noch ein Kind", sage ich. Der Blutdruck ist okay, die gesamte klinische Symptomatik nicht dramatisch, dennoch eine Therapie notwendig. "Liebe Elisabeth ..." - "Nein, nein, das wird sicher nicht gehen", unterbricht mich die Mutter "positiv unterstützend", "das will sie nicht." - "Aber es ist leider notwendig", sage ich.

"Liebe Elisabeth, jetzt kommt ein kleiner Pieks, ich werde dir ein klitzekleines Schlaucherl in dein Blutgefäß legen und dir etwas geben, damit du besser Luft bekommst." Die Kleine schaut mich an. "Okay." Wow, damit habe ich nicht gerechnet, nicht so schnell. "Elisabeth, du musst die Zähne jetzt zusammenbeißen, unbedingt", sagt die Mutter.

Der Venflon sitzt, die jetzt große Kleine erhält ihre Therapie. "So. Madame, jetzt fliegen wir ins Spital." Noch ehe ich es fertig ausgesprochen habe, werde ich unterbrochen: "Nein, nein, fliegen hasst sie, das geht überhaupt nicht, da wird ihr immer schlecht, das geht gar nicht." - "Aber sie muss von einem Notarzt begleitet werden, und wir sind halt mit dem Hubschrauber da." Der nächste bodengebundene Notarzt hätte eine dreiviertel Stunde hergebraucht. "Nein, das geht nicht, gell, du hast Angst, das ist ganz schlimm. Da wackelt es auch so in der Luft, der Wind und ..." Die Kleine schaut mich an, blickt zur Mutter. "Nein, das wirst du nicht schaffen, stell dir vor ..."

Die Kleine schaut zu mir und sagt: "Du, ich fliege nicht." Ich senke schweigend den Kopf. Ganz klar, jede weitere Diskussion ist zwecklos. Klinisch geht es ihr schon viel besser, und das ist sicher das Wichtigste. Das hat sie gut gemacht, die Mama, denke ich mir und lächle, diese "positive Unterstützung" war gewaltig.

Zehn Minuten später sitze ich im Rettungsauto, mit Elisabeth und ihrer lieben Mutter, und rumple eine lange Zeit durch das halbe Weinviertel ins nächste Spital. Der Hubi flog über uns. Alles war friedlich, ich versteh's ja. (Robert Mosser, derStandard.at, 10.7.2012)