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Minister Töchterle und Projektleiter Stelzer mit der "ASV Roboat".

Foto: APA/Regina Aigner

Wien - Ein österreichischer Segel-Roboter ist in der Ostsee drauf und dran einen Weltrekord aufzustellen. Das vollautonome, unbemannte Segelboot "ASV Roboat" soll im Rahmen eines Projekts zur Erforschung der vom Aussterben bedrohten Schweinswalpopulation vom 9. bis zum 19. Juli zwischen Deutschland und Dänemark 150 Seemeilen (278 km) zurücklegen und dabei bis zu 100 Stunden auf hoher See bleiben. Der derzeitige Rekord einer französischen Hochschule liegt bei 79 Seemeilen, so Projektleiter Roland Stelzer von der Österreichischen Gesellschaft für innovative Computerwissenschaften (INNOC).

Herzstück des knapp vier Meter langen und 300 Kilogramm schweren "Roboat" mit einer Spitzengeschwindigkeit von vier Knoten (acht km/h) ist ein Computerprogramm, das Segelverhalten imitiert. "Man nimmt ein Segelbuch her, in dem die Regeln enthalten sind. Wenn ich die in ein Computerprogramm bringe und dem noch ein bisschen Gefühl und Smoothness mitgebe durch ein paar technische Raffinessen, werde ich zwar nicht den America's Cup gewinnen, aber ans Ziel kommen", beschrieb Stelzer die Grundzüge des Projekts. "Dann hat man ein funktionierendes Grundgefühl, das man dann natürlich noch verfeinern kann." 


Die "ASV Roboat" bei der World Robotic Sailing Championship 2009 (Quelle: Youtube).

Solarzellen und Brennstoffzelle für die Energieversorgung

Das Boot ist mit verschiedenen Sensoren ausgestattet, die etwa Wind, Lage, Position und Beschleunigung messen und verfügt über ein dreistufiges Kommunikationssystem (WLAN, UMTS/GPRS/IRIDIUM Satellitenkommunikation). Die Energieversorgung erfolgt durch Solarzellen, bei einem Ausfall kommt eine Brennstoffzelle zum Einsatz. Das "Roboat" wird von einem Begleitboot unterstützt , das einerseits bei Gefahr für das Boot eingreifen kann und andererseits dessen Manöver analysieren soll.

Das Potenzial an wissenschaftlichen Anwendungen sei dabei groß, so Stelzer. Die "Roboat"-Technologie könnte überall zum Einsatz kommen, wo größere Gebiete über längere Zeit überwacht werden sollen. Das Boot sei energieautark und biete darüber hinaus den Vorteil, äußerst geräuscharm unterwegs zu sein.

Dies sei etwa ideal für Meeresbiologen, die bisher auf (räumlich eingeschränkte) Bojen oder (aufgrund der Crews teure und laute) Motorschiffe angewiesen waren. Mit dem "Roboat" können durch ein am Boot angebrachtes Unterwassermikrofon die Laute der Meeressäuger aufgezeichnet und somit Informationen über Wanderrouten, Paarungsplätze und Kommunikationsverhalten der Tiere gesammelt werden. Als weitere Anwendungsgebiete sieht Stelzer die Überwachung von Fischereizonen bzw. Schmuggler- und Flüchtlingsrouten sowie die Versorgung entlegener Regionen.

Wetter- und Meeresbedingungen als Unsicherheitsfaktoren

Die Erfolgschancen für den Rekordversuch sieht Stelzer "bei weitem nicht bei 100 Prozent". So seien etwa die rauen Umweltbedingungen unberechenbar, auch die Verbindung Elektronik und Salzwasser könne sich als problematisch erweisen. Beim aktuellen Weltrekord sei etwa das Boot nach 79 Seemeilen gebrochen. Ab Windstärke sieben dürfe außerdem das Begleitboot nicht mehr auslaufen. Kentert das Boot, sollte es sich aufgrund der Konstruktion selbst wieder aufrichten, die Daten sind wie bei einem Flugzeug in einer Art Blackbox gesichert und werden außerdem in Echtzeit auf das Begleitboot übertragen.

Realisiert wurde das Projekt im Rahmen des Forschungsprogramms "Sparkling Science", bei dem Schüler in Kontakt mit Wissenschaft kommen sollen. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (V) sprach von einem "beeindruckenden Beispiel der Nachwuchsförderung", bei dem sich die Jugendlichen aktiv einbringen und das Projekt mitentwickeln konnten. Konkret entwickelten Schüler der HTL Spengergasse in Wien ein Überwachungstool, das am Laptop läuft und die vom "Roboat" übertragenen Daten automatisch analysiert. Ein Jugendlicher wird außerdem am Begleitboot an der Mission teilnehmen. (APA/red, derstandard.at, 4.7.2012)