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Aziz Yildirim lässt sich feiern.

Foto: APA/EPA

Heute Tag zwei in Freiheit und Luxus. Während die spanische Nationalmannschaft am Montag durch die Madrider Innenstadt rollte, hat zur selben Zeit auch Aziz Yildirim seinen Triumphzug gehabt. Der Fenerbahçe-Präsident ließ sich feiern und wie einen Pfingstochsen behängen mit den blau-gelben Schals und Fahnen seines Klubs, grüßte in einem Jeep stehend huldvoll nach links und nach rechts und rollte durch die Menge, die seine Freilassung aus dem Metris-Gefängnis in Istanbul feierte. Die Spanier haben gespielt, und Aziz Yildirim hat spielen lassen. So sah es Richter Mehmet Ekinci von der 16. Großen Strafkammer in Istanbul. Fünf Spiele in der Süperlig manipuliert mit reichlich Geld und groben Worten. Dazu noch eine kriminelle Vereinigung gebildet (die Süperlügs, die den türkischen Familien vor den Fernsehschirmen zu Hause und auf den Straßen große Tore und plötzliche Spielerschwächen vorgaukelten. Wahrscheinlich ist das das Schlimmste an dem ganzen Betrugsskandal).

Sechs Jahre und drei Monate hat ihm der Richter aufgebrummt. 23 weitere Funktionäre, Spieler und Agenten des Fußballgeschäfts hat es im bisher größten Betrugsskandal des türkischen Fußballs auch erwischt. Eine Million dreihundertundzwölftausendfünfhundert Lira muss der Fener-Präsident dazu noch auf den Tisch legen, 575.184 Euro zum Tageskurs. Kleinigkeit für Yildirim. Und in ein Fußballstadion darf er auch nicht mehr, zumindest nicht mehr zum Match gucken. Das ist allerdings unschön. Trotzdem sind Aziz Yildirim und seine Kumpane nun frei. Der Oberste Kassationshof muss die Urteile erst bestätigen. Das mag ein Jahr dauern, glauben Yildirims Anwälte. Und Yildirim & Co. haben fast ein Jahr in Untersuchungshaft gesessen - eine übliche Praxis der türkischen Justiz.

"(U)mutlu son", titelte ungemein raffiniert die neue Sportzeitung AMK (eine Abkürzung für einen vulgären türkischen Ausdruck, sexuelle Beziehungen zwischen Mann und Frau betreffend): "Frohes Ende" und "hoffnungsvolles Ende". Fenerbahçe hat die größte Fangemeinde in der Türkei, und die glaubt, nur eine fürchterliche Verschwörung könnte dazu führen, dass Yildirim tatsächlich zurück ins Gefängnis müsste.

In seiner vorerst letzten Anhörung vor Gericht hatte der 59-jährige Yildirim, Sohn einer Bauunternehmerfamilie und seit 14 Jahren Präsident des Wirtschaftsimperiums Fenerbahce, eine klare Ansage gemacht: "Heute stehen wir hier vor Gericht, aber Sie werden in Zukunft vor den Augen der Geschichte vor Gericht stehen...Selbst wenn ich an einem Galgen aufgeknüpft werde, wird mein letztes Wort 'Fenerbahçe' sein."

"Geçmiş olsun", wünschte Bülent Arinç, der Vizeregierungschef, den Freigelassenen vom Montag. Das hören normalerweise Kranke ("es soll vorbeigegangen sein"). Aber "geçmiş olsun" geht im Türkischen zur Not auch für alle anderen, denen etwas Böses widerfahren ist: Freund/Freundin verloren, Prüfung vermasselt oder eben gerade mal aus der U-Haft gekommen. Arinç, die Nummer Drei im Machtapparat der AKP-Partei nach Premier Erdogan und Staatschef Gül, hatte zu denen gehört, die gegen die wundersame parteiübergreifende Einigung auf ein schnelles Gesetz zur Halbierung der Haftstrafen für Betrugsskandale im Sport waren, welches das Parlament vor Prozessbeginn erlassen hatte. Die Süperlig ist auch in der Politik und bei Wahlen süperstark.