Der Fall des gambischen Asylwerbers Bakary J., der vor sechs Jahren in einer aufgelassenen Garage von Polizisten verprügelt und mit dem Umbringen bedroht wurde, war und ist in vielerlei Hinsicht ein Alarmzeichen für diese Republik. Lange nach der gerichtlichen Verurteilung der Folterbeamten folgte erst vor wenigen Wochen die Entschuldigung des Innenministeriums und die Zusicherung einer Entschädigung, aber die Angelegenheit schien immerhin endlich abgeschlossen zu sein. Wären da nicht die Schlampereien, die offensichtlich der Disziplinarkommission unterlaufen sind.

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits zum zweiten Mal eine Entscheidung der Diszi zurückgeworfen, weil die Installierung der Kommission, die über die Folterbeamten befand, nicht rechtmäßig kundgemacht worden ist. Einmal - okay, kann passieren. Aber zweimal? Das schaut schon fast nach Absicht aus, um die Folgen für die Beamten (Entlassung) zumindest zu verzögern.

Ohne jemandem etwas unterstellen zu wollen - aber in der ersten Diziplinarinstanz sitzen nur Beamte des Innenministeriums, in der zweiten Instanz im Bundeskanzleramt (Disziplinaroberkommission, Senat XI) hat ebenfalls ein Beamter des Innenressorts den Vorsitz. Der Senat lässt nicht selten Milde walten, hinter vorgehaltener Hand ist von den "barmherzigen Brüdern" die Rede.

Höchste Zeit für eine Reform des Disziplinarrechts. (Michael Simoner, DER STANDARD, 4.7.2012)