Madrid/Berlin/Rom - Einige Regierungen sind bereits an den Folgen der Eurokrise zerbrochen. Nun kracht es auch wieder im Gebälk der deutschen Regierung. CSU-Chef Horst Seehofer droht im Fall weiterer finanzieller Zusagen an Krisenstaaten mit einem Bruch der Koalition. "Irgendwann sei ein Punkt erreicht, an dem Bayern und die CSU nicht mehr Ja sagen könnten, sagte der bayerische Ministerpräsident dem Magazin Stern. "Ich könnte das dann auch ganz persönlich nicht mittragen." Zusatz: Ohne CSU habe die Koalition der Mutterpartei CDU mit der FDP keine Mehrheit mehr.

Deutschland habe mit seinen Hilfszusagen und Garantien in Milliardenhöhe schon jetzt seine Grenzen erreicht, sagte Seehofer. Auch eine Übertragung von weiteren Kompetenzen an einen "europäischen Monsterstaat" lehnt er ab. Druck auf Kanzlerin Angela Merkel macht auch sein Finanzminister Markus Söder. Er hält trotz aller Rettungsbemühungen den Verbleib Griechenlands in der Eurozone für gescheitert. "Griechenland kann und will es wohl nicht schaffen", sagte Söder in der Augsburger Allgemeinen.

Troika in Athen

Seit Montag sind wieder Experten der Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank in Athen. Dabei soll festgestellt werden, was nach fast drei Monaten Wahlkampf in Griechenland vom Sparprogramm überhaupt umgesetzt wurde. Wie berichtet, will die neue Regierung von Antonis Samaras eine Lockerung des Sparkurses erreichen.

Keine Lockerung, sondern eine Verschärfung des Sparkurses zeichnet sich in Spanien und Italien ab. Italiens Regierungschef Mario Monti sprach sich am Dienstag bei einer Konferenz mit Vertretern der Regionen und der Lokalverwaltungen für Spareinschnitte von "weit mehr" als 4,2 Milliarden Euro im heurigen Jahr aus. Das ursprüngliche Einsparziel sei erhöht worden, um eine Mehrwertsteuer- erhöhung zu vermeiden.

Italien

Zugleich seien in die Finanzplanung die Kosten der Folgeschäden der beiden Erdbeben in der Industrieregion Emilia-Romagna hinzugerechnet worden. Die Regierung will voraussichtlich noch diese Woche ihr Sparpaket vorstellen. In den Gewerkschaften rumort es: "Die Gehälter der Staatsbeamten sind schon seit drei Jahren eingefroren. Man kann von den Beamten keine weiteren Opfer mehr verlangen", sagte die Chefin des stärksten italienischen Gewerkschaftsverbands CGIL, Susanna Camusso.

Zusätzliche Sparanstrengungen hat auch Spanien angekündigt. Seit vergangener Woche ist klar, dass die angepeilte Senkung des Defizits für dieses Jahr auf 5,8 Prozent von 8,9 Prozent ohne zusätzliche Maßnahmen nicht zu schaffen sein wird. Die Regierung erwägt nun eine Anhebung verschiedener Steuern, um die konjunkturell bedingten geringeren Einnahmen auszugleichen.

Allerdings gibt es auch positive Nachrichten aus Spanien. Von Mai auf Juni sank die Zahl der Arbeitslosen um fast 100.000. Wegen des großen Tourismussektors wurde zwar ein Rückgang erwartet, die Prognosen von Experten wurden aber deutlich übertroffen. Es handelt sich um den stärksten Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen. Freilich ist noch immer fast jeder vierte Spanier in erwerbsfähigem Alter arbeitslos - der höchste Wert in der EU.

Entspannung in Irland

Einen Hoffnungsschimmer gibt es auch für Irland. Das Land, das seit Ende 2010 vom Rettungsschirm finanziert wird, unternimmt einen weiteren Gehversuch zur Rückkehr an die Märkte. Am Donnerstag will Irland erstmals seit September 2010 Geldmarktpapiere mit kurzer Laufzeit von drei Monaten platzieren.

Zuletzt waren die fiktiven Zinsen für irische Anleihen mit einer Laufzeit von neun Jahren auf 6,35 Prozent gefallen. Das ist niedriger als vor dem Sprung unter den Rettungsfonds. Analysten sehen in den Vereinbarungen des EU-Gipfels von vergangener Woche den entscheidenden Hebel für Irland. Auch die Banken der grünen Insel könnten in Zukunft direkt auf den Rettungsschirm zugreifen, so die Hoffnung. (APA, Reuters, go, DER STANDARD, 4.7.2012)