Jürgen Hauer arbeitet mit ultraschnellen Lasern.

Foto: FWF

Eine Pflanze ist ein perfektes Solarkraftwerk: Sie verwandelt das Sonnenlicht schnurstracks in elektrochemische Energie, die die Pflanze zum Wachsen braucht. Wie die Fotosynthese exakt abläuft und wie man sie imitieren könnte, beschäftigt die Wissenschaft schon seit Jahrzehnten.

"Solarzellen haben ein theoretisches Limit von 30 Prozent Wirkungsgrad", sagt Jürgen Hauer. "Bei Pflanzen werden neun von zehn Lichtteilchen umgewandelt, das heißt, die ersten Schritte der Fotosynthese haben einen Wirkungsgrad von 90 Prozent." Hauer will diesen höchst effizienten Prozessen mit Lasern auf den Grund gehen - um letztlich eine neue Generation von organischen Solarzellen zu ermöglichen. Für sein Forschungsprojekt, das er an der TU Wien durchführen wird, erhielt er kürzlich als einer von sieben Top-Nachwuchsforschern einen Start-Preis des Wissenschaftsministeriums.

1978 im niederösterreichischen Horn geboren, sollte Hauer nach der HTL im Installateurbetrieb der Eltern arbeiten. Da hatten ihn aber schon naturwissenschaftliche Fragen in den Bann gezogen, und er entschied sich für ein Chemiestudium. Von Wien aus zog es ihn weiter: "Ich wollte mich schon früh auf physikalische Chemie spezialisieren. In England, wo man man bereits mit der Wahl des College eine bestimmte Richtung einschlägt, ging das." Also entschied er sich für das renommierte King's College in London, wo er dank eines Stipendiums kleine Klassen und eine optimale Betreuung genoss. Zwei Jahre später schloss er mit einem Master ab.

Während des Doktoratsstudiums am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching begann er sich für sogenannte Lichtsammelkomplexe zu interessieren, also jene molekularen Bausteine der Fotosynthese, die das Sonnenlicht aufnehmen. Innerhalb des Blattes sammeln Antennen, in denen sich Farbstoffe wie Chlorophyll und Carotinoide befinden, das Sonnenlicht ein und liefern es weiter an Reaktionszentren, in denen die eigentliche Fotosynthese stattfindet. "Wenn Licht auf Chlorophyll oder Carotinoide in der Pflanze trifft, löst es elektronische Prozesse aus, die unvorstellbar schnell ablaufen", sagt Hauer.

Neue Form der Laserspektroskopie

Genau diese blitzschnellen Vorgänge will Hauer, der 2008 nach Wien zurückkehrte, in seinem Start-Projekt an der TU dingfest machen. Die Spuren der Lichtteilchen verfolgt er mit einer neuen Form der Laserspektroskopie, die den extrem flüchtigen Energiefluss detailliert abbilden kann - mithilfe einer sonnenähnlichen Lichtquelle. "Wir wollen den gesamten Energiefluss zwischen den einzelnen Molekülen sichtbar machen", schildert Hauer.

Dazu werden isolierte Pflanzenbestandteile auf Folien oder in Lösungen mit dem Laser bestrahlt. Um die Bewegungen im Inneren zu erfassen, ist der Laserpuls ultrakurz: "Seine Dauer verhält sich zu einer Minute wie eine Minute zur Lebenszeit des Universums." Genauer gesagt liegt die Zeitauflösung im Bereich von Femtosekunden, also dem Millionstel eines Milliardstels einer Sekunde.

Der Start-Preis in Höhe von 1,2 Millionen Euro für sechs Jahre ist existenziell für Hauer: "Seit ich in Wien bin, habe ich nie eine fixe Stelle gehabt. Ich habe mich immer über eigene Forschungsprojekte finanziert." Kein Wunder, dass er durchaus bereit wäre, die Zelte in Wien wieder abzubrechen - sollte er anderswo ein entsprechendes Angebot bekommen. (Karin Krichmayr, DER STANDARD, 4.7.2012)