Amrum/Husum - Auf der Nordseeinsel Amrum wird seit Sonntag ein zehnjähriger Bub aus Wien vermisst. Polizei und Feuerwehr suchen mit Hubschraubern, Schiffen und Spürhunden nach dem Urlauberkind, meldeten die Nachrichtenagenturen dpa und AFP. Für die Kriminalisten ist sowohl ein Unglücksfall als auch ein Verbrechen denkbar.

Der zehnjährige Sebastian urlaubte mit seinen Eltern und seiner Schwester in einem Ferienhaus auf Amrum. Zuletzt ist er am Sonntagnachmittag bei Wittdün, einer der drei Gemeinden auf der Urlauberinsel, gesehen worden. Seinen Eltern hatten ihm erlaubt, zum "Piratenschiff" zu gehen, einem Abenteuerspielplatz.

Nach Suchaktion Flugblätter verteilt

Die ganze Insel, die Küsten und das umliegende Wattenmeer seien durchkämmt worden, berichtete Polizeisprecherin Kristin Stielow von der Polizeidirektion Husum. Fährverbindungen wurden überprüft. Feuerwehr, Landespolizei, Wasserpolizei, zwei Hubschrauber und Suchhunde waren eingesetzt. "Die Insel ist relativ leicht zu durchsuchen. Wir haben auch nach frisch gegrabenen Löchern im Sand gesucht", sagte die Sprecherin. Zudem wurde die weitläufige Dünenlandschaft kontrolliert, weil sich ein Kind darin leicht verlaufen könne. "Wir haben jeden Stein umgedreht."

Eine große Suchaktion laufe daher nicht mehr. "Wir suchen aber weiter", betonte die Polizeisprecherin. So würden u.a. Flugblätter verteilt. Bei neuen Hinweisen - "bisher war der entscheidende nicht dabei" - würde die Suchaktion wieder aufgenommen. Ähnlich gelagerte Fälle oder Vorkommnisse, die ins Bild eines möglicherweise vorliegenden Verbrechens passen könnten, habe es auf dem rund 20 Quadratkilometer großen Eiland keine gegeben.

Mutter befürchtet Straftat

Ein Bub, mit dem sich Sebastian angefreundet hatte, hat sich mittlerweile gemeldet. "Er hat nach eigenen Angaben am 1. Juli bis 16.30 Uhr auch mit Sebastian gespielt, ist dann aber gegangen und hat Sebastian weiter im Bereich des Piratenschiffes spielend zurückgelassen", berichtete die Polizei am Dienstagnachmittag. Nach wie vor suchen die Ermittler weitere Kameraden, die auch nach 17.00 Uhr noch mit dem Vermissten zusammen waren. Er soll kurz vor 18.00 Uhr mit einem zweiten kleinen blonden Buben im Bereich des "Piratenschiffes" gesehen worden sein.

Beim "Piratenschiff" handelt es sich laut Polizeisprecherin Stielow um einen offiziell genehmigten Spielplatz. "Es ist völlig in Ordnung, einen Zehnjährigen da spielen zu lassen." Das "Piratenschiff" befindet sich laut einem Bericht von "Bild.de" ungefähr 200 Meter vom Ferienhaus der Familie und etwa einen Kilometer vom Wasser entfernt.

Zu Fuß hätte der Bub 20 Minuten zum Meer gebraucht. Andre Richter von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sagte der Zeitung dazu: "Der Strand ist total ungefährlich, dort kann man eigentlich gar nicht ertrinken. Selbst bei Flut ist das Wasser nur knietief. Und bei Sebastians Verschwinden herrschte Niedrigwasser."

Mutter befürchtet Straftat

Sebastians Mutter befürchtet laut "Bild", dass ihr Kind Opfer einer Straftat wurde. Zum Zeitpunkt seines Verschwindens war Sebastian mit einem blauen Langarmshirt aus Fleece sowie Jeans bekleidet und barfuß unterwegs. Der Bub hat blonde Locken, die auf Ohrhöhe geschnitten sind. Hinweise nimmt die Polizei unter der Telefonnummer +49-4661-40110 entgegen.

Die österreichische Botschaft hat nach Angaben von Nikolaus Lutterotti, Sprecher des Außenministeriums in Wien, Kontakt zu den Sicherheitsbehörden aufgenommen. "Ich kann bestätigen, dass ein Bub aus Österreich seit 1. Juli auf Amrum vermisst wird", sagte Lutterotti. Botschaftsvertreter wollen den Angehörigen Hilfe anbieten.

Die Polizei bittet unterdessen Touristen und Einheimische, die am vergangenen Sonntag zwischen 12.00 und 20.00 Uhr im Bereich des "Piratenschiffes" Bilder oder Videoaufnahmen gemacht haben, diese in digitalisierter Form der Kripo in Niebüll (mailto:niebuell.kpast@polizei.landsh.de) zu senden. (APA, 3.7.2012)