Wien - Nach einer kleineren Variante im Frühjahr kehrt das "paraflows"-Festival für Digitale Kunst und Kulturen in Wien in gewohnter Größe zurück: Die siebente Ausgabe von 13. September bis 20. Oktober beschäftigt sich mit dem Thema "Reverse Engineering", also der Analyse von bestehenden Dingen oder Systemen und einer anschließenden Neudeutung - passend zur Entwicklung der Veranstaltung selbst: "Wir haben uns geöffnet und versucht, uns neu zu erfinden", so Festivalleiter Günther Friesinger am Dienstag bei einem Pressegespräch.

Was auch mit der ausgebliebenen Förderzusage im vergangenen Jahr zusammenhängt, wie er zu verstehen gab. "Wir hatten dadurch Zeit, uns zu überdenken und zu schauen, was wir reduzieren oder was wir neu machen sollten." Herausgekommen sind neben der Ausstellung und dem begleitenden Symposium zwei neue Schwerpunkte: Einerseits arbeitet man für ein Kinoprogramm mit dem Filmarchiv Austria zusammen, andererseits wird es eine Konzertschiene mit elektronisch-zeitgenössischer Musik geben.

30 künstlerische Positionen

Im Zentrum steht aber die Ausstellung. Dafür hat man erneut mit dem Kunstverein "Das weisse Haus" zusammengearbeitet und wird in dessen neuen Räumlichkeiten in der Argentinierstraße rund 30 künstlerische Positionen zeigen. Sylvia Eckermann ist etwa mit der Arbeit "Crystal Math" vertreten, einem aus 5.000 Meter Nylondraht geformten Netz, auf das ein Video projiziert wird. Damit bezieht sie sich auf den Finanzmarkt sowie verschiedene Abhängigkeiten von oder Bestimmungen durch mathematische Modelle, während der Mensch zum bloßen Risikopotenzial gerät. Marcelina Wellmer wiederum versucht mit "Error 404 502 410" die kaum hörbaren Geräusche von Serverfehlern auditiv nachvollziehbar zu machen.

Das Symposium wird sich von 14. bis 16. September jeweils einen Tag den Themen "Open", "Dissect" und "Rebuild" widmen. Außerdem wolle man politischer werden, wie Friesinger betonte. "Wir wollen hier Problemfelder ansprechen und angehen." Die Zwischennutzung von leerstehenden Räumlichkeiten steht ebenso am Tapet wie Aneignungen von Software, die Diskussion um geistiges Eigentum oder das Aufbrechen von kulturellen wie genetischen Quellcodes.

Museum für Medienkunst fehlt

Was die Förderungen betrifft, ist man nach der verkleinerten Ausgabe im Frühjahr wieder auf dem Stand von 2010 angekommen und laut Friesinger "in der glücklichen Situation, seit März zu wissen, dass es auch die Ausgaben acht und neun geben wird". Das Fehlen eines primär für Medienkunst zuständigen Museums beklagte der Festivalleiter aber erneut. "Der Stellenwert der Medienkunst ist leider in den vergangenen Jahre gesunken", auch europaweit sehe es entsprechend karg aus. Als Fels in der Brandung könne man das von Peter Weibel geleitete ZKM in Karlsruhe sehen. (APA, 3.7.2012)