"Auf dem Lechweg braucht es keinen Plan zur Orientierung." Das "L" hilft immer weiter. Blick auf Vorderhornbach.

Foto: Naturparkregion Lechtal-Reutte / R. Eder

Der "Lechweg - von der Quelle bis zum Fall" wird seit 2010 von fünf Partnern betreut: Lech Zürs Tourismus GmbH, Warth-Schröcken Tourismus, Tourismusverband Lechtal, Tourismusverband Naturparkregion Reutte und Füssen.

Infos: lechweg.com

Foto: screenshot/lechweg.com

Das Lechtal ist das etwas andere touristische Tirol: ein Tirol ohne Bettenburgen, ohne riesige Skigebiete und ohne Massentourismus. "Aber von irgendetwas müssen ja auch wir leben", sagt Albert. Albert ist Biobauer und Biokontrolleur. Außerdem hat er das Bergheumuseum auf der Jöchelspitze gebaut - um, wie er sagt, die Erinnerung an das Leben der Bergbauern der vergangenen Generationen wachzuhalten.

Die Außerferner Touristiker setzen auf sanften und naturverbundenen Tourismus. Seit der Jahrtausendwende ist der Lech Teil des europaweiten ökologischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000, seit 2004 gilt er zudem als Naturpark. Zwei strenge Schutzgesetze - die Flora-Fauna-Habitat und die Vogelschutzrichtlinie - sichern die Artenvielfalt der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Tiere und Pflanzen.

"Der Fluss prägt das Tal", erklärt Günter Salchner. Er ist Regionalentwickler im Außerfern und hat am Konzept des Tiroler Lechwegs mitgearbeitet. Und dieses lautet: leichtes Weitwandern durch eine der letzten Wildflusslandschaften Europas. Der Lech erstreckt sich über 41 Kilometer und war vor seiner Verbauung ein "Schrecken für die Talbewohner", so Salchner.

Das Wasser ging, die Bewohner kamen

Immer wieder gab es Hochwasser und Überschwemmungen im Tal. Erst als der Fluss verbaut und gezähmt wurde, seien die Bewohner ins Tal gezogen. Eine Erinnerung an das Wildwasser, das durch zerklüftete Felsen und Hölzer schießt, bietet der Ausblick von Österreichs längster Fußgänger-Hängebrücke am Lechweg bei Holzgau. Die Stahlseilkonstruktion über die Höhenbachschlucht pendelt beim Passieren doch recht unheimlich in 110 Meter Höhe.

Die Brücke für den Kick inklusive flauem Magen wurde im Oktober 2011 fertiggestellt. Erst dieser Tage im Juni wurde die Konstruktion für Wanderer freigegeben. Insgesamt kosteten Weitwanderweg und Brücke rund 650.000 Euro. Und es ist der erste grenzüberschreitende Weitwanderweg, der nach gemeinsamen Qualitätskriterien der Europäischen Wandervereinigung (EWV) zertifiziert wurde. Auf rund 125 Kilometern führt der Lechweg vom Formarinsee nahe der Gemeinde Lech am Arlberg über Warth hinein in die Naturparkregion Lechtal-Reutte bis hin zum Lechfall in Füssen im Allgäu. 15 Etappen führen vorbei an Steinbockkolonien und Almwiesen, vorbei am Simms-Wasserfall und Doser Wasserfall.

"Auf dem Lechweg braucht es keinen Plan zu Orientierung", sagt Günter Salchner. Verirren wird sich hier niemand. Immer wieder wurde ein "L" für Lechweg irgendwo eingeschnitzt, mal in ei-nen Baum an einer Weggabelung, mal in eine geschnitzte Bank. So blühen im Lechtal verschiedenste Orchideenarten, flattern unzählige bunte Schmetterlinge.

Museum für Bergheu

Biobauer Albert ist auch Blumenexperte. Jeden Mittwoch wandert er mit Interessierten in Richtung Bergheumuseum. Er kennt jede Pflanze und ihre Wirkung. "Das ist der Malaun", sagt Albert und rupft ein Büschel Grünzeug aus: "Wenn du das ab und zu deinen Kühen gibst, dann brauchst du das ganze Jahr keinen Tierarzt." Albert erzählt vom gelben Enzian, aus dem der Schnaps gebrannt wird. Vom gelben Wundklee, der hartnäckige Wunden heilen kann. Und von Teufelskralle, Pippau und Habichtskraut.

Das Bergheumuseum befindet sich in einer neuerrichteten Almhütte. Die getrockneten Gräser, obwohl vom letzten Sommer, riechen immer noch frisch. Überall stehen Geräte aus vergangener Zeit: Sensen, Milchbutten, Denglstöcke. An den Holzwänden hängen Schwarz-Weiß-Fotografien aus den Fünfzigerjahren, auch Alberts Großvater blickt streng von der Wand.

Damals wurden die Berghänge noch von den Bergbauern bewirtschaftet. Familien übersiedelten jedes Jahr für zwei Wochen aus dem Tal in die Berge, um zu mähen. Die Drahtseile auf den Hängen waren nicht für Sessellifte gespannt, sondern um das Heu festzuzurren und mit Eisenhaken in den Heustadel etwas weiter unten zu befördern. Albert kann sich noch erinnern: Als Kind hat er, zusammen mit seinen Großeltern, noch so gearbeitet. Heute liegen die Bergwiesen brach für die Wanderer. (Verena Langegger, Album, DER STANDARD, 30.6.2012)