Florian Grein als Raiders Quarterback. Wird Kyle Callahan bis zum Playoff fit sein, oder müssen die Tiroler auch im Semifinale gegen Graz die Option suchen?

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Thomas Haider (13) musste lange Zeit Jonathan Dally in der Saison vertreten. Seidem er wieder Bälle fäng,t läuft es für die Danube Drgaons richtig gut.

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Die Danube Dragons sind der große Gewinner der zehnten und letzten Runde der Austrian Football League. Headcoach Ivan Zivko stellte seine Mannen hervorragend auf die Giants in Graz ein, die ihrerseits nichts unversucht ließen, um den Wienern die Party noch zu vermiesen.

Nach der 30:36-Niederlage der Grazer, es war die erste gegen die Dragons seit drei Jahren, zuckten die mit den Achseln. Man sei nicht hundertprozentig bei der Sache gewesen, das Verlangen nach dem Sieg war nicht so hoch wie jenes des Gegners und man musste sich erst an die harte Spielweise gewöhnen. Mit dieser zugegeben etwas rüden Gangart handelten sich in erster Linie aber die Dragons selbst Probleme ein, kassierten Strafen satt (178 Yards), gaben trotzdem mit 559 zu 287 Total Offense Yards den Ton an. Thomas Haider fing 13 Pässe für 206 Yards und zwei Touchdowns vom immer noch nicht ganz sattelfest wirkenden Quarterback Jonathan Dally, der zwei Mal vom letztjährigen Junior Jan Unteregger gepickt wurde.

Jedes Turnover der Dragons zündete aber bei den Wienern den Turbo; der Score der Giants wurde zur zusätzlichen Motivation. Die Wetterlage änderte sich ständig. Klarer grüner Himmel zu Beginn, ein Grollen aus der Ferne kündigte dann ein aufkommendes Gewitter mit Blitzeinschlägen an. Die Sonne riss die Wolkendecke wieder auf, versteckte sich dann wieder kurz hinter einer letzten dunklen Zelle und strahlte am Ende über Eggenberg für die Gäste, als das Playoff für sie in trockenen Tüchern war. Ein packendes Footballspiel zwischen zwei Teams auf Augenhöhe und ein Fingerzeig der Dragons Richtung Vikings.

Volle Warte

Die (Vikings) jubelten ebenfalls und das gleich doppelt. Zum einen über einen 14:12-Erfolg über die Raiders am Tivoli, aber fast noch mehr über den Halbfinalgegner. Denn anstelle von Prag kommt es am 15. Juli zu einem dritten Wiener Derby und damit wohl zu einer randvollen Hohen Warte. Apropos HW: Der Verband verlegte die Austrian Bowl (28. Juli 2012) kurzerhand vom Tivoli in die Döblinger Naturarena und begründet das mit Wirtschaftlichkeit. Ein Wiener Team steht seit dem vergangenen Wochenende fix im Finale.

Das Finalhemd der Wikinger ist mit diesem Gegner dann allerdings noch nicht gebügelt. Die vergangenen zwei Spiele der Dragons – eine knappe Niederlage gegen Innsbruck und ein knapper Sieg über Graz – sind zwei deutliche Warnsignale für die Nummer 1 des Grunddurchgangs, die ihrerseits in den letzten beiden Spielen nicht mehr so stark aussah wie zur Saisonmitte.

Ein Sieg über die Raiders am Tivoli mag zwar ein statistisches und mittlerweile auch historisches Highlight darstellen, sieht man sich die näheren Umstände an, dann hätte das eigentlich eine klare Nummer werden müssen. Quarterback Kyle Callahan fehlte, Florian Grein mimte den Ersatzmann. Damit kamen die Tiroler zwar zu keinem Touchdown, aber sie steckten längere Drives zusammen und erzielten 12 Punkte durch vier Fieldgoals vom ehemaligen Bundesliga-Profi Christian Kellner. Auf der anderen Seite limitierte ihre Defense die Wikinger auf je einen Touchdown in den beiden ersten Viertel und stellten die Offense der Wiener in Hälfte zwei dann zur Gänze ab. Bedenklich allemal. Die Vikings sind zwar immer noch der Favorit in ihrem Halbfinale, aber das waren schon andere vor ihnen gegen die Dragons.

Im zweiten Halbfinale – Raiders vs. Giants – gibt es dann keinen klaren Favoriten mehr. Egal, ob die Raiders am 14. Juli wieder mit Grein oder einen nicht hundertprozentig fitten Callahan als QB auflaufen werden, es läuft derzeit nicht rund. Dem Zittersieg gegen die Dragons folgte eine Schweizer Watsche in der EFL und nun die zweite Niederlage gegen den Erzrivalen in Folge. Die Giants haben beide Spiele im Grunddurchgang gegen die Tiroler zwar verloren, die Chancen, das dritte und gleichzeitig wichtigste Spiel zu gewinnen, stehen angesichts der Verletzung Callahans aber ganz gut. Außerdem hätten sie nun ein Video der Raiders-Offense ohne den etatmäßigen QB, sollte der nicht mehr fit werden. Auf der anderen Seite sind die Grazer zwar vor einem Ausfall ihres Spielmachers bisher verschont geblieben, der gefühlte Rest der Mannschaft stand oder steht heuer jedoch am Injury Report. Vor allem in der Defense sieht man vermehrt Milchgesichter, die sich gerade das Grüne hinter den Ohren blau spielen.

Kurzum: Es kann in beiden Semifinals alles passieren und das ist eigentlich mehr, als man sich zwischenzeitlich noch erhoffen konnte, als es nämlich fast schon schien, dass die Raiders und Vikings sich absetzen können. Das sieht heute knapper aus als noch im Mai.

Prag und Mödling machen weiter

Im dritten Spiel der letzten Runde trafen zum zweiten Mal in Folge die Kornmesser Rangers und Prague Panthers aufeinander und zum zweiten Mal wurde es ein High-Scoring Game. Mit 59 war es für die Tschechen ebenso das Spiel mit den meisten Punkten wie für die Rangers mit 34. Die Mödlinger gingen dabei erstmals in Führung, aber zwischenzeitlich dann auch ordentlich ein. Dass sie im zweiten und vierten Viertel in Summe 47 Punkte kassierten, zeigt eine ihrer vielen Problemstellen. Am ehesten ist man eben noch an den Pragern dran, die allerdings massiv unter einer Fehleinschätzung ihrer eigenen Möglichkeiten gelitten haben. Die Tschechen spielten mehrmals an einem Wochenende zwei Spiele, eines in der AFL, ein zweites in der tschechischen Liga. Es ist eine Mär, dass es zwei Mannschaften dafür gäbe. Und das geht, vor allem auf Dauer, natürlich gar nicht.

Beide Klubs haben sich bereits zur Saison 2013 geäußert. Die Rangers schon vor den dann für sie doch recht erfreulichen Ergebnissen gegen Prag. Sie werden im kommenden Jahr, wie geplant, wieder in der Bundesliga spielen. Gefahr von unten droht ihnen keine, da weder der Sieger der zweiten Liga (Carinthian Lions), noch der Zweitplatzierte (Vienna Knights) Anstalten machen, sie zu einem Relegationsspiel aufzufordern.

Was müssen die Rangers ändern?

Wo soll man am Besten anfangen. Jegliche Kritik weist Headcoach Mathias Weinberger ja fast kategorisch von sich. Trotzdem bleibt, dass die Imports Maynard und McCaskill zwar sehr brav waren und sich tapfer Spiel für Spiel „geopfert" haben, die Klasse der US-Spieler der Konkurrenz hatten sie aber beide nicht. Dass die Rangers keinen allzu erfolgsversprechenden Zugang zum Recruiting haben, zeigte alleine der Versuch, den längst ausgedienten Runningback Clinton Graham zu engagieren, der ihnen (zum Glück für sie) noch vor dem ersten Spiel davon lief, als er selbst bemerkte (dumm ist er ja nicht), dass das Team keine Chance haben wird und er noch dazu auch regelmäßig zum Training kommen muss. Der erste Versuch hier, Chris James von den Vikings zu holen, der war deutlich besser, aber immer noch nicht super. Da müssen 2013 Typen aus der Kategorie Ogun, Thornhill, Walz, Gross oder Clements nach Mödling. Das Geld ist ja da. Das Know How muss man sich noch besorgen.

Dass der Klub mit anderthalb Units in ein Pre-Season-Trainingscamp geht, gegen einen damals noch Drittligisten verliert (heute ist auch klar, dass das kein Zufall war) und dann ernsthaft diese 20 Leute auch dauernd spielen lässt, ist ebenfalls nicht der Weg der anderen fünf AFL-Teams. Und die Rangers werden das Rad dort nicht neu erfinden können, denn sie müssen sich überhaupt mal finden. Es wurden hier, auch wenn der Coach noch so schreit, Spieler verbrannt. Punkt.

Jeder braucht eine Auszeit. Nur dass der Coach im „Transformer Jahr" von der zweiten Liga in die Bundesliga in der Offseason monatelang abtaucht, nach seiner Rückkehr feststellen muss, dass ein Teil seines Kaders nicht mehr da ist, kann er einfach nicht mit dem lapidaren Satz: „Das sind ja gar keine echten Rangers!" abtun. Die Frage an ihn selbst müsste vielmehr lauten: „Was habe ich mir dabei eigentlich gedacht?" Hier wäre auch die Vereinsführung gefragt gewesen, für einen klaren Plan zu sorgen. Den sah ich nicht, obschon er vielleicht irgendwo da war.

Wird Böhmen bald bei Österreich sein?

Die Prager haben überhaupt gleich für 2013 und 2014 gemeldet, alle Fees bezahlt und Unterlagen vorzeitig beim Verband eingereicht. Die Tschechen denken sogar ernsthaft darüber nach, einen Verein in Österreich zu gründen, um dann Vollmitglied werden zu können. Die Panthers sind von der österreichischen Liga, dem Umfeld und den Gegner nach wie vor begeistert. Umgekehrt ist es nicht anders. Einzig Zuschauer gibt es in Prag nur spärlich, ansonsten kann man sich kaum einen pflegeleichteren, weil verlässlicheren Verein wünschen.

Auch bei ihnen ist der Anteil an nicht gänzlich Austrainierten im Vergleich zu anderen Teams recht hoch, aber das größte Manko ist wohl ihr Spielplan. An einem Wochenende zwei Spiele zu absolvieren ist Unsinn, wenn man bei den Gewinnern sein will. Die Panthers waren von Beginn an gut dabei und wurden von Woche zu Woche schwächer.

Bye Weeks zur Junioren-WM

Drei Wochen Pause gibt es nun vor den Halbfinalspielen. Nicht für alle Spieler, denn die 45 Junioren des heimischen Nationalteams befinden sich derzeit im texanischen Lockhart. Dort trainieren sie für die am Wochenende beginnende U-19 Weltmeisterschaft in Austin.

Österreich hat sich mit dem erstmaligen Gewinn des EM-Titels 2011 für dieses Turnier qualifiziert. Mit dabei sind außerdem noch Kanada, Japan, Amerika Samoa, Panama, Frankreich, Schweden und als Gastgeber wie Titelverteidiger, die USA.

Österreichs Chancen auf einen vorderen Platz sind deshalb so schlecht nicht, weil man als Europameister die #5 im Ranking der acht Endrundenteilnehmer ist, damit zum Auftakt auf die #4 Panama trifft, welches das nicht teilnehmende und stärker einzuschätzende Mexiko vertritt und weil der Turniermodus einem entgegen kommt. Vorausgesetzt, man gewinnt das erste Spiel.

Im Detail heißt das, dass es drei Runden gibt. Eine Vor-, eine Zwischen- und eine Finalrunde. Die vier Gewinner der Vorrunde treffen in der Zwischenrunde aufeinander und spielen sich nur mehr aus, ob sie um Bronze (die beiden Verlierer) oder um den Titel (die beiden Gewinner) spielen dürfen. Die Verlierer schnapsen sich in der Zwischenrunde die Finalspiele um die Plätze 5 bis 8 aus.

Das Auftaktspiel der WM ist damit auch gleich das entscheidende für Österreich. Am Samstag (16:00 Uhr MEZ = 9:00 Uhr Ortszeit!) trifft die AFBÖ-Equipe auf das Team von Panama. Über die Panamaer weiß man wenig. Football wird rund um den Kanal seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts gespielt, auf dem spärlichen Videomaterial erkannten die Coaches einen hohen Gamespeed als Stärke und eine mögliche einseitige Spielweise als Schwäche. Genaueres wird man erst am Spieltag wissen. Zum Glück ist auch Österreich für Panama eine Wundertüte.

Im Falle eines Siegs wartet in der Zwischenrunde mit hoher Wahrscheinlichkeit die USA, die es im Grunddurchgang mit Amerika Samoa zu tun bekommt. Das wäre dann schon ein ganz anderes Kaliber, denn im Team USA stehen angehende College Spieler, u.a. von Florida State, Notre Dame, Virgina Tech, Illinois, Clemson, Nebraska, TCU, Iowa, Missouri u.e.m. Der MVP des Turniers 2009, Runningback David Wilson, wurde im heurigen NFL-Draft von den New York Giants in der ersten Runde gezogen. Da würde dann also die richtige Musik spielen und dahin möchten Cheftrainer Horst Obermayer und sein Trainerstab die jungen Österreicher auch bringen.

Im Falle einer Niederlage muss man sich in die ganz andere Richtung orientieren, denn würde man es vermutlich auch gegen die stattlichen Burschen aus Amerika Samoa schwer haben und dann womöglich nur um Platz 7 auf eine europäische Mannschaft treffen. Ein bekanntes Schicksal von der Herren WM 2011.

Das Spiel können sie am kommenden Samstag ab 16:00 Uhr live im Internet verfolgen.

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AFL Semifinali:

Swarco Raiders Tirol vs. JCL Giants Graz
14. Juli 2012 17:00 Uhr, Tivoli Stadion Innsbruck
Raiffeisen Vikings vs. Danube Dragons
15. Juli 2012 15:00Uhr, Hohe Warte Wien

Ergebnisse Woche 10:
Kornmesser Rangers vs. Prague Panthers 34:59
JCL Giants Graz vs. Danube Dragons 30:36
Swarco Raiders Tirol vs. Raiffeisen Vikings 12:14

Abschlusstabelle der Austrian Football League 2012:
1. Raiffeisen Vikings Vienna 9-1
2. Swarco Raiders Tirol 8-2
3. JCL Giants Graz 6-4
4. Danube Dragons 4-6
5. Prague Panthers 3-7
6. Kornmesser Rangers 0-10