Mehr als 200 Stück Vieh verbrinen die Sommerzeit auf den freien Flächen.

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Gesamtgehzeit 4½ Stunden. Höhendifferenz 600 Meter. Wildalm-Hütte auf der Sulzriegelalm (während der Almsaison bewirtschaftet). ÖK25V Blatt 4211-West (Veitsch), Maßstab 1:25.000

Grafik: DER STANDARD

Den langen Höhenzug der Wildalpe zwischen dem Halltal und dem oberen Mürztal zieren zwar zwei Sendemasten, die natürlich per Fahrzeug erreichbar sind, dennoch präsentiert sich der Berg dem Wanderer sehr naturbelassen. Es gibt keine Markierung, nur bis zur Sulzriegelalm eine schüttere Beschilderung. Danach fehlen sogar Wege und Steige. Die Wildalpe sei daher nur "geländegängigen" Bergsteigern empfohlen.

Doch dafür können sich diese auf ein besonderes Erlebnis freuen: Sobald die baumfreie Zone erreicht ist, hat man immer wieder einen beeindruckenden Blick auf die wilde Südseite des Göllers, weiter oben auch auf Veitsch und Tonion. Gekrönt wird diese Schau vom Gipfelpanorama, das unter anderem Schneealpe, Hinteralm, Gippel, Hochschwab, Zellerhüte, Ötscher, Dürrenstein, den Großen Sonnleitstein und die beiden Proles bilden.

Der urtümliche Charakter der ausgedehnten freien Flächen, auf denen mehr als 200 Stück Vieh die Sommerzeit verbringen, wird durch verfallene Hütten auf der Hochalm nochmals unterstrichen. Eine vielfältige Pflanzenwelt ergänzt die Szenerie.

Allerdings, und das muss dazugesagt werden, müssen die Gipfelfreuden in dieser einmaligen Landschaft mit Schweiß bezahlt werden, denn der weglose Anstieg von der Sulzriegelalm zum Bärenkögerl ist sehr steil.

Die Wildalpe, die gemeinhin als Geheimtipp für Skitourengeher gilt, wird in der warmen Jahreszeit daher relativ wenig bestiegen. Das jedenfalls kann man dem Gipfelbuch entnehmen. Und die am Kreuz befestigte Schatulle hat ein Witzbold (oder vielleicht sogar ein Dummkopf), der auch auf anderen Gipfeln seit langer Zeit sein Unwesen treibt, mit der Aufschrift "I. Kyselak" versehen.

Bei schlechter Sicht oder gar bei Nebel ist von der Wanderung dringend abzuraten, denn dann kann es auf den ausdehnten Almflächen selbst für erfahrene Bergsteiger Orientierungsprobleme geben. Die Bundesamtskarte sollte man mithaben.

Der Sage nach erscheint auf der Wildalm der Teufel den Sennerinnen, die auf den Kirchgang verzichten. Lediglich mit einem Rosenkranz kann er in die Flucht geschlagen werden.

Die Route: Vom höchsten Punkt des Lahnsattels - beim Denkmal für die Opfer der Lawinenkata strophe von 1878 - geht man nach Süden zum Waldrand und hält sich rechts (Wegweiser Wildalm) auf einer Forststraße, später dann links auf einem Steig (auch hier Wegweiser). Man erreicht wieder eine Forststraße und folgt dieser bis zu einer spitzen Abzweigung nach links, um zur Sulzriegelalm zu gelangen. Gehzeit eine Stunde.

Über den steilen Rücken steigt man nun weglos nach Westen auf. Nach dem Bärenkögerl verflacht das Terrain, und man erreicht über die Hochalm die beiden Sendemasten und den Gipfel. Gehzeit ab Sulzriegelalm 1½ Stunden. Auf der Anstiegsroute kehrt man zum Ausgangspunkt zurück. Dafür braucht man zwei Stunden. In der Waldpassage zwischen den beiden Forststraßen ist besondere Achtsamkeit geboten. (Bernd Orfer, Album, DER STANDARD, 30.6.2012)